Schoeller: Wiedereinstieg in die Kraftwerkstechnik

Schoeller, Hersteller längsnahtgeschweißter und gezogener Edelstahlrohre auf dem europäischen Markt, hat nach einer über sechsjährigen Pause die Produktion für die internationale Kraftwerksindustrie wieder aufgenommen. Laut Pressemitteilung hätten nachhaltig veränderte Rahmenbedingungen sowie die gezielte Nachfrage von Schlüsselkunden in diesem Segment das Unternehmen aus Hellenthal zu der Wiederaufnahme der Produktion von Edelstahlrohren für HP- und LP-Vorwärmer, Wärmetauscher und Kondensatoren bewogen.

Nach den Ereignissen von Fukushima sei das Geschäftsvolumen mit Anlagen und Technik für Kernkraftwerke international deutlich zurückgegangen. Der Kraftwerksmarkt sei in der Folge von hoher Volatilität und schwierigen Wettbewerbsbedingungen geprägt gewesen. Vor diesem Hintergrund habe Schoeller 2018 beschlossen, sich aus diesem Geschäft zurückzuziehen.

Inzwischen erfahre die Kernenergie eine Renaissance. Weltweit seien 436 Reaktoren in Betrieb, 62 in Bau und 111 in Planung. Zusätzlich seien 318 weitere Kernkraftwerke projektiert. Vor allem China und Indien sowie die USA trieben den Ausbau der Kernenergie voran. In diesen Märkten sei Schoeller nach eigenen Angaben bereits seit Jahren erfolgreich durch Partner vertreten.

In den letzten Jahren habe das Unternehmen zudem umfänglich in seine Fertigungs- und Prüftechnologie investiert, wodurch frühere Risiken deutlich reduziert worden seien. So habe Schoeller im Rahmen der Standortentwicklung neben der WIG- vor allem die Laserschweißtechnologie ausgebaut und anspruchsvolle Prüfverfahren wie „Luft unter Wasser“-Prüfungen, Ultraschall- und Wirbelstromprüfungen eingeführt. Damit erfülle das Unternehmen die hohen Anforderungen der Kraftwerksindustrie an Präzision, Toleranzen, Oberflächengüte, Langlebigkeit und Zuverlässigkeit in höchster Qualität. Insbesondere bei der Nahtglättung habe Schoeller in den vergangenen Jahren eine deutliche Prozessstabilisierung erreicht.

„Mit der Umsetzung unserer Standortentwicklung haben wir die fertigungs- und prozesstechnischen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Weidereinsteig in das Kraftwerksgeschäft gelegt. Den Ausschlag haben aber die stetigen Anfragen von Endkunden und Partnern sowie die dynamische Entwicklung im Bereich der Kernenergie gespielt,“ so Bernd Jansen, Leiter Vertrieb Energie von Schoeller, die Motive des Wiedereinstiegs. „Die ersten Anfragen zeigen, dass wir einer der wenigen Hersteller für geschweißte Edelstahlrohre sind, welcher die komplexen und hochanspruchsvollen Anforderungen erfüllen kann. Ein erstes Titan-Kondensator Projekt für das Kraftwerk Borssele in den Niederlanden konnte bereits gebucht werden. Wir sind daher sehr zuversichtlich, was unsere Wettbewerbsfähigkeit und damit einen erfolgreichen Wiedereinstieg in dieses sich dynamisch entwickelnde Geschäftsfeld betrifft. Wir verfügen aktuell über Partner in Amerika und China und sind in aussichtsreichen Gesprächen für Korea. So aufgestellt ist es unser klares Ziel, mittelfristig im Bereich Kraftwerksanlagen und -technik einen mittleren siebenstelligen Umsatz zu erreichen,“ so Jansen weiter.

Anwendungsbereiche im Nuklearbereich seien HP-Vorwärmer (Hochdruck) mit optimierter Wärmeleistung und hoher Druckbeständigkeit, LP-Vorwärmer (Niederdruck) mit zuverlässiger Leistung bei niedrigen Druckverhältnissen sowie Kondensatorrohre, bei denen nach Unternehmensangaben eine effiziente Wärmeübertragung und hohe Korrosionsbeständigkeit der Edelstahlrohre im Fokus stehe.

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Sonja Wingels
Sonja ist Redakteurin bei der Edelstahl Aktuell. Nach ihrem Studium der Psychologie an der HHU in Düsseldorf und selbstständiger Arbeit als Content Creator nutzt sie nun diese Erfahrungen, um zum Erfolg der Zeitung beizutragen und ihr Fachwissen in der Edelstahlbranche zu vertiefen.