Nach dem Konzept von gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner entstand hier eine Stadt in der Stadt, die in Anspielung auf den historischen Grundriss Mannheims klassische Museumsarchitektur neu interpretiert. Visuell verbunden wird die Komposition raumbildender Kuben durch eine filigrane Haut aus bronzefarbigem Edelstahlstahlgewebe. Die transluzente Hülle moderiert subtil den Dialog von Innen- und Außenwelt. Zugleich übersetzt die virtuos variierende Transparenz des Gewebes die Maßstäblichkeit des Baus in eine gleichberechtigte Nah- und Fernwirkung.
Nach rund zweieinhalbjähriger Bauzeit präsentiert sich das Museums-Ensemble mit Billing-Bau aus dem Jahr 1907, verbindendem Athene-Trakt und der neuen Kunsthalle – nach dem Hauptstifter Hector-Bau genannt – als einladende Einheit. Die Kunsthalle ersetzt den marode gewordenen Mitzlaff-Bau, einen 1983 erstellten Erweiterungsbau. Der von gmp als Sieger eines zweistufigen Architektenwettbewerbs entworfene Neubau ordnet sich durch eine bewusst reduzierte Sprache der Jugendstilarchitektur des Altbaus unter. Für die städtebaulich exponierte Lage entwarfen die Architekten einen monolithischen fugenfreien Betonkörper, der sich harmonisch in die Bebauung am Friedrichplatz einfügt und an den historischen Bau anschließt. Ihr Konzept des Museums als Stadt in der Stadt besteht aus 13 versetzt angeordneten Kuben unterschiedlicher Höhe und Breite. Als Hommage an den schachbrettartigen Grundriss des auch Quadratestadt genannten Mannheims entstand so ein Geflecht aus offenen und geschlossenen Räumen mit je nach Standort des Betrachters wechselnden Perspektiven. Sieben dieser Kuben gruppieren sich um das Herz der neuen Kunsthalle Mannheim, dem 700 Quadratmeter großen, 22 Meter hohen, offenen Atrium. Über Galerien, Terrassen und Brücken sind sie miteinander verbunden. Diese führen die Besucher immer wieder zu ihrem Ausgangspunkt im Atrium zurück. Dadurch erinnert das Museumserlebnis an die Dynamik und Architektur einer Stadt. Insgesamt drei Ausstellungsebenen – in der ersten Etage mit dem geschosshohen Stadt-Fenster, das einen imposanten Blick auf den Wasserturm bietet – erschließen der Kunsthalle neue Möglichkeiten der Präsentation. Das mit einem Glasdach überspannte, lichtdurchflutete Atrium eröffnet Blickbeziehungen in alle Richtungen. Auch ohne Eintrittskarte können Besucher eintreten, seine Stimmung genießen und sich eine Auszeit bei einer Tasse Kaffee gönnen. Das Gefühl der Weite und Weltoffenheit macht neugierig auf einen Besuch der anderen Räume. Zugleich entsteht durch die schaufenstergleiche Fassade ein Zusammengehörigkeitsgefühl von Stadt und Museum, das Hemmschwellen gar nicht erst aufkommen lässt.
Unterstrichen wird dieses Gefühl durch die Fassadenbekleidung aus Edelstahlgewebe. Sie verbindet die reale urbane Umgebung mit ihrem künstlerischen Pendant und lässt Stadt wie Museumsbesucher am gegenseitigen Leben teilhaben. Dazu wählten die Architekten vor den großformatigen Glasflächen einen deutlich höheren Transparenzgrad des Gewebes als vor den Faserzementplatten vor den Kuben. Diese variierende Transparenz bewahrt die Wirkung des architektonischen Konzepts unabhängig vom Betrachtungsabstand. So verliert die gewebte Haut trotz der gewaltigen Dimensionen von Baukörper und Hülle auch aus der Ferne nichts von ihrer textilen Wirkung. Möglich wurde das durch die von GKD speziell für dieses Objekt entwickelte Gewebekonstruktion, die selber wie ein Kunstwerk wirkt. In vierkettige Kettseilgruppen aus naturbelassenem Edelstahl webte das Unternehmen Edelstahldrähte und -rohre mit unterschiedlichen Durchmessern – drei beziehungsweise 25 Millimeter – ein. Dabei galt es, die durch die Dickenunterschiede bedingten variierenden Spannungsverhältnisse im Gewebe webtechnisch vollständig zu nivellieren, um an der Fassade die hohen statischen Anforderungen durch Wind- und Schneelasten zu erfüllen. Die außergewöhnliche Gewebekonstruktion barg aber noch eine weitere Herausforderung: den nach langwierigen Entscheidungsprozessen präzise vorgegebenen Farbton der gewebten Membran. Trotz der unterschiedlichen Gewebekomponenten aus Seilen, Drähten, Rohren und Seitenabschlüssen der Rohre musste er homogen auf gesamter Fläche gewährleistet sein. Hier bewährte sich die jahrelange Erfahrung von GKD mit Beschichtungstechnologien und deren Wirkung am Objekt. So wurden die Drähte im Durchlaufverfahren beschichtet, die Rohre nebst Verschlüssen im Sprühverfahren lackiert und alle anschließend mit den naturbelassenen Kettseilen verwebt.
Aus dem Museum heraus erlaubt die transparente Hülle den unverstellten Blick auf die Stadt und den Wasserturm. Gleichzeitig gewährt sie Passanten einladende Einblicke in das museale Leben. So wird die Metallgewebefassade zum Bindeglied zwischen Stadt und Museum, dem mühelos der Spagat zwischen reduzierter Formensprache und gewünschter Emotionalität gelingt.