Ambica Steels: Stärke für Generationen

Fotos: Ambica Steels Limited

Wenn Abhinav Gupta über Edelstahl spricht, wählt er klare Worte. Der Geschäftsführer von Ambica Steels, einem der führenden Produzenten von Edelstahl-Langprodukten in Indien, sieht den Werkstoff als Schlüssel zu einer nachhaltigeren Industrie. „Viele setzen immer noch gleich: Stahl ist Stahl. Wir möchten das Bewusstsein dafür schärfen, dass Edelstahl eine völlig andere Dimension hat – langlebiger, verlässlicher, nachhaltiger“, erzählt er uns im Interview.

Ambica Steels: Nachhaltigkeit und Innovation aus Neu-Delhi Stärke für Generationen
Fachwissen aus erster Hand: Ambica Steel setzt auf qualifizierte Teams in der Produktion. | Fotos: Ambica Steels Limited

Seit der Gründung im Jahr 1970 hat Ambica Steels eine bemerkenswerte Entwicklung vollzogen. Heute gilt das Unternehmen als zweitgrößter Exporteur von Edelstahl-Langprodukten aus Indien und beliefert Märkte in Europa, im Nahen Osten, in Australien und weit darüber hinaus. Rund 72.000 Tonnen Edelstahl werden pro Jahr produziert – mehr als die Hälfte davon geht direkt ins Ausland. Zum Portfolio gehören unter anderem Rundstahl, Vierkant- und Flachstahl sowie Sechskantprofile, ergänzt durch Spezialprodukte wie geschmiedete Barren und Drähte. Abhinav Gupta gehört zur zweiten Generation der Familie, die das Geschäft führt. Sein Anspruch: Ambica Steels möchte nicht nur wachsen, sondern den Edelstahlmarkt mit frischen Impulsen bereichern.

Gujarat: ein wichtiger Schritt mit Signalwirkung

Der Aufbau der neuen Anlage in Gujarat war für Ambica Steels mehr als eine Kapazitätserweiterung. Das Unternehmen hat damit einen Standort gewählt, der gleich mehrere Vorteile vereint. Gujarat liegt im Westen Indiens und gilt als Zentrum der erneuerbaren Energien. Dort entstehen einige der größten Windparks des Landes und ein Solarpark mit 30 Gigawatt Leistung. Die Region weist die höchste Sonneneinstrahlung Indiens auf, was eine ideale Basis für grüne Energie bildet.

Neben der Energieversorgung spricht auch die Logistik für den Standort. In der Nähe liegt einer der wichtigsten Containerhäfen des Landes: Mundra Port. Für Ambica Steels bedeutet das kurze Wege und ein schnellerer Zugang zu internationalen Märkten. Während für die Transporte aus Delhi bislang über 1.000 Kilometer zurückgelegt werden mussten, beträgt die Entfernung heute nur noch rund 80 Kilometer.

Ambica Steels: Nachhaltigkeit und Innovation aus Neu-Delhi Stärke für Generationen
Im neuen Werk in Gujarat entstehen Edelstahlprodukte mit messbar geringeren Emissionen.

Damit verkürzt sich die Lieferzeit um etwa zehn Tage. Gleichzeitig sinkt der logistische CO2- Ausstoß erheblich.

Auf einem Gelände von 125 Hektar hat Ambica Steels eine Greenfield-Anlage errichtet. Modernste Technologien kommen dort zum Einsatz, die Effizienz steigern und neue Produktlinien ermöglichen. „Wir wollten nicht einfach nur ein weiteres Werk bauen, sondern Prozesse von Grund auf neu denken“, fasst Abhinav Gupta zusammen.

Klimaschutz als Leitlinie

Nachhaltigkeit gehört bei Ambica Steels längst zum Alltag und zeigt sich bereits bei den Rohstoffen. 86 Prozent des Materials bestehen aus recyceltem Edelstahl- Schrott. Dadurch spart das Unternehmen große Mengen an Energie und natürlichen Ressourcen, die in der Primärproduktion erforderlich wären.

Bei der Energieversorgung nutzt Ambica Steels zu rund 40 Prozent Strom aus eigenen Solaranlagen. Auf den Dächern und Freiflächen der Werke erzeugen Photovoltaikmodule täglich grüne Energie. Der Effekt ist deutlich: Innerhalb der letzten 18 Monate konnte der CO2-Ausstoß um 15 Prozent gesenkt werden.

Und während viele Industrieunternehmen noch nach Lösungen für ihren Wasserverbrauch suchen, nutzt Ambica Steels in seinen Werken bereits aufbereitetes Abwasser aus nahegelegenen Kläranlagen. Damit zeigt das Unternehmen, dass ökologische Verantwortung und industrielle Produktion zusammenpassen können. „Wir vergleichen uns regelmäßig mit unseren Wettbewerbern, auch mit europäischen Produzenten“, erklärt Abhinav Gupta. „Unsere Emissionswerte liegen deutlich niedriger. Das ist ein Vorteil für unsere Kunden und zugleich für die Umwelt.“

Ambicas Klimavorteil in Zahlen

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Jede Charge wird geprüft – Qualitätssicherung gehört zum Kernprozess.

Ein interner Vergleich von Ambica Steels verdeutlicht, wie stark das Unternehmen bei den Emissionen von Wettbewerbern abweicht. Bei blankem Stabstahl liegt der Wert mit 0,979 Tonnen CO2 pro produzierter Tonne Material fast 40 Prozent unter dem Branchendurchschnitt in Indien. Ähnlich sieht es bei Hex-, Square- und Flat-Profilen aus: Mit 0,974 Tonnen CO2 erreicht Ambica Steels rund 35 Prozent niedrigere Werte. Besonders eindrucksvoll ist der Unterschied bei Stahlwinkeln. Hier weist Ambica Steels 0,852 Tonnen CO2 aus, während der indische Durchschnitt bei 1,868 liegt – ein Vorteil von mehr als 55 Prozent.

Selbst bei Produkten, für die es keine Vergleichsdaten gibt, setzt das Unternehmen Maßstäbe. Geschmiedete Rundstäbe werden bei Ambica Steels mit 1,23 Tonnen CO2 pro Tonne Material hergestellt – deutlich unter dem, was nach internen Schätzungen für europäische Wettbewerber gilt. Dort liegen die Werte im Schnitt bei rund 2,3.

Für Abhinav Gupta ist dieser Vorsprung ein zentrales Argument im internationalen Geschäft. „Unsere Emissionswerte sind messbar niedriger. Das ist nicht nur ein Vorteil für unsere Kunden, es ist auch ein Signal, dass Ambica Steels Verantwortung übernimmt“, betont er.

„Building bridges, not just plants“

Für Gupta ist die neue Anlage mehr als ein Produktionsstandort. Sie verkörpert eine Philosophie, die er gerne als „Building bridges, not just plants“ beschreibt. „Wir wollen Brücken bauen – von einer Welt, die vom Klimawandel geprägt ist, in eine Welt mit deutlich weniger Treibhausgasen. Jede Investition muss Teil dieser Brücke sein.“

Dieses Denken prägt auch die neuen Produkte, die in Gujarat entstehen. Ambica Steels hat dort die Produktion von geschmiedeten Edelstahlbarren aufgenommen. Diese Produktlinie zeichnet sich durch einen besonders niedrigen CO2-Fußabdruck aus, weil sie unter Nutzung erneuerbarer Energien und eines hohen Schrotteinsatzes hergestellt wird.

Auch für die Kunden bringt die Erweiterung Vorteile. Mit zusätzlichen Kapazitäten ist Ambica Steels in der Lage, Produkte auf Vorrat zu fertigen und kurzfristig bereitzustellen – eine Antwort auf die Unsicherheit globaler Märkte. „Die Rückmeldungen sind sehr positiv“, berichtet Gupta.

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Langprodukte mit Bestand: Edelstahl für Jahrzehnte im Einsatz.

„Unsere Kunden schätzen die schnelle Reaktionszeit und die Flexibilität, die wir dadurch gewonnen haben. In einer Zeit, in der sich Zölle, Lieferwege und politische Rahmenbedingungen ständig ändern, ist Geschwindigkeit entscheidend.“

Für Gupta geht es bei „Building bridges“ aber nicht nur um Technik oder Logistik. Es geht um eine Haltung zur Rolle der Industrie: „Wir dürfen nicht nur an den nächsten Auftrag denken. Wir müssen uns fragen, wie wir unseren Beitrag leisten können, eine lebenswerte Zukunft zu gestalten. Unsere Werke sollen Brücken sein – Brücken zwischen Generationen, zwischen Kontinenten, zwischen Wirtschaft und Gesellschaft.“

Zertifizierte Verlässlichkeit

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Jedes Produkt durchläuft sorgfältige Abläufe, um hohe Qualität und Verlässlichkeit zu gewährleisten.

In vielen Branchen entscheiden Normen und Dokumentationen über die Zulassung von Materialien. Ambica Steels arbeitet nach international anerkannten Standards wie ISO 9001 für Qualitätsmanagement und ISO 14001 für Umweltmanagement. Hinzu kommen der Status als Three Star Export House und die Einstufung als AEO Tier-2, die in internationalen Lieferketten zusätzliche Sicherheit bieten.

Für Kunden bedeutet das Rückverfolgbarkeit vom Schmelzprozess bis zum Versand, transparente Abläufe und geprüfte Prozesse, die Audits standhalten.

Gerade in Bereichen wie Chemie, Öl und Gas oder Automotive ist das eine unverzichtbare Voraussetzung. Ambica Steels nutzt diese Standards, um seine Abläufe regelmäßig zu überprüfen und gezielt zu verbessern. So bleiben Qualität, Sicherheit und Nachhaltigkeit verlässliche Bestandteile der täglichen Arbeit.

Ambica.One – der digitale Mitarbeiter

Europa gehört seit vielen Jahren zu den wichtigsten Märkten für Ambica Steels. Besonders die deutsche Industrie schätzt die Kombination aus Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit. „Die Unternehmen hier haben klare Anforderungen: Sie wollen wissen, wie hoch die Emissionen pro Tonne Material sind. Sie wollen stabile Lieferketten. Und sie wollen Partner, die Digitalisierung ernst nehmen“, erklärt Gupta.

Ambica Steels antwortet darauf mit einem innovativen Projekt: Ambica.one, eine digitale Plattform, die in den nächsten Monaten vollständig live gehen soll. Gupta nennt sie den ersten „digitalen Mitarbeiter“ des Unternehmens. „Wir treiben die Digitalisierung konsequent voran – mit Ambica.one und weiteren Technologien in der Fertigung. Politische Konflikte oder Handelskriege können wir nicht verhindern, doch wir können unsere Prozesse so gestalten, dass wir widerstandsfähig bleiben“, betont er. Kunden können dort nicht nur Informationen abrufen, sondern bald auch Bestellungen platzieren, Preise einsehen und Lieferzeiten abfragen – ohne Wartezeiten und E-Mail-Schleifen.

Digitale Transformation trifft traditionelle Stärke

Die Investition in Ambica. one zeigt, dass das Unternehmen Digitalisierung nicht als Pflichtübung sieht, sondern als Chance, Prozesse smarter und kundenfreundlicher zu machen. Gupta formuliert es nüchtern: „Unsere Kunden kämpfen oft mit Fachkräftemangel. Wenn wir ihnen durch digitale Services Zeit und Aufwand sparen, erhöhen wir ihre Produktivität. Das ist ein Wettbewerbsvorteil – für sie und für uns.“

Ambica Steels: Nachhaltigkeit und Innovation aus Neu-Delhi Stärke für Generationen
Familienunternehmen mit Verantwortung: Die Gupta-Familie prägt Ambica Steel seit zwei Generationen.

Gleichzeitig bleibt die Basis klassisch: Edelstahl-Langprodukte in hoher Qualität, gefertigt mit modernsten Verfahren, geprüft nach internationalen Standards und bereit für anspruchsvolle Märkte. Ob Bauwesen, Chemieindustrie, Lebensmittelproduktion oder erneuerbare Energien – Ambica Steels ist längst in Branchen präsent, die auf Beständigkeit angewiesen sind.

Soziale Verantwortung als gelebtes Prinzip

Ambica Steels ist ein Familienunternehmen, und das prägt auch die Unternehmenskultur. „Wir haben im Vorstand eine Chief Values Officer – meine Mutter“, erzählt Gupta. „Vor einem Jahr haben wir ein Wertesystem eingeführt, das uns bei allen Entscheidungen begleitet.“

Ambica Steels: Nachhaltigkeit und Innovation aus Neu-Delhi Stärke für Generationen
Bildung als Investition in die Zukunft: Ambicas Skill Center eröffnet jungen Menschen neue Chancen.

Dass diese Werte nicht nur auf dem Papier stehen, zeigt Ambica Steels im Alltag. Ein Kernstück dieser Verantwortung sind die Corporate-Social- Responsibility-Programme. Gemeinsam mit Partnern wie dem Rotary-Club und der Regierung von Delhi betreibt das Unternehmen ein Skill Center, in dem junge Menschen kostenlos in drei Monaten praxisnahe Qualifikationen erwerben können – vom Schweißen über Maschinenbedienung bis hin zu kaufmännischen Grundlagen.

Ein zweites Projekt ist ein medizinisches Zentrum nahe der Werke. Dort erhalten Menschen aus den umliegenden Dörfern Zahnund Allgemeinmedizin, Medikamente stellt Ambica Steels kostenlos bereit. Die Patienten zahlen nur einen symbolischen Beitrag.

Ambica Steels betreibt zusätzlich ein All-Female-Skill Center, das ausschließlich Mädchen und Frauen offensteht. Dort stehen Englisch, Mathematik und Informatik auf dem Programm, alle Kurse sind kostenlos. In mehreren Durchgängen pro Jahr erhalten die Teilnehmerinnen die Möglichkeit, Grundlagen zu festigen oder Wissenslücken zu schließen. Wer in der Schule nicht die Chance hatte, diese Fächer zu vertiefen, kann hier aufholen und sich für den Arbeitsmarkt fit machen. „Viele holen nach, was sie in der Schule nicht lernen konnten. Sie gewinnen dabei nicht nur Fähigkeiten, sondern auch Selbstvertrauen“, erklärt Gupta. Für ihn ist das Frauenzentrum ein wichtiger Baustein der Unternehmensverantwortung, weil es Bildung gezielt dort stärkt, wo sie in Indien häufig noch nicht selbstverständlich ist.

Verantwortung über Generationen hinweg

Abhinav Gupta sieht sich als Vertreter einer jüngeren Generation von Industriechefs. „Früher ging es vor allem darum, den Ausstoß zu steigern, mehr zu verkaufen, höhere Profite pro Tonne zu erzielen. Heute muss man weiterdenken – über die eigene Generation hinaus.“ Seine Motivation ist zukunftsgerichtet: „Ich möchte deutlich machen, dass Edelstahl ein Werkstoff ist, der über Generationen hinweg eine Rolle spielen kann. Normale Stähle halten zehn bis fünfzehn Jahre, dann müssen sie ersetzt werden. Edelstahl dagegen bleibt fünfzig bis sechzig Jahre im Einsatz. Wer heute in Edelstahl investiert, schafft Werte, von denen auch Kinder und Enkel noch profitieren.“

Daten und Fakten

Unternehmen: Ambica Steels Limited
Standort: C-54/1, Wazirpur Industrial Area, New Delhi 110052, Indien
Gründung: 1970
Produktion: ca. 72.000 Tonnen Edelstahl-Langprodukte pro Jahr
Portfolio: Rund-, Vierkant-, Flach- und Winkelstähle, Hexagonprofile, Drähte, Duplex-Qualitäten
Kunden: über 2.000 in mehr als 75 Ländern, Exportanteil > 50 %
Sortenvielfalt: 151 Edelstahlsorten im Portfolio
Zertifizierungen: ISO 9001, ISO 14001, ISO 45001, AS 9100, PED, NORSOK, REACH etc.
Kontakt: Tel.: +91 (11) 47034400,
E-Mail: info@ambicasteels.com

Sonja Wingels
Sonja ist Redakteurin bei der Edelstahl Aktuell. Nach ihrem Studium der Psychologie an der HHU in Düsseldorf und selbstständiger Arbeit als Content Creator nutzt sie nun diese Erfahrungen, um zum Erfolg der Zeitung beizutragen und ihr Fachwissen in der Edelstahlbranche zu vertiefen.

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Sonja Wingels
Sonja ist Redakteurin bei der Edelstahl Aktuell. Nach ihrem Studium der Psychologie an der HHU in Düsseldorf und selbstständiger Arbeit als Content Creator nutzt sie nun diese Erfahrungen, um zum Erfolg der Zeitung beizutragen und ihr Fachwissen in der Edelstahlbranche zu vertiefen.