Schulter, Hüfte, Knie – wer heute ein Implantat trägt, hat auch einen Implantatpass bei sich. Er gibt Auskunft über die genaue Bezeichnung, die Seriennummer und den Herstellenden solcher Medizinprodukte. Verlässlicher und sicherer lassen sich Implantate womöglich bald mit einem neuen Verfahren identifizieren, das gerade am Fraunhofer IWU erprobt wird: Beim 3D-Druck künstlicher Gelenke werden im Inneren der Bauteile kleinste Muster als Codes eingearbeitet. Sie sind unveränderbar und können jederzeit von Röntgengeräten oder mit einer Computertomographie eindeutig erkannt werden. Ärztinnen und Ärzte können so im Notfall mit einem Blick in eine Datenbank schnell herausfinden, welche Eigenschaften ein Implantat hat – auch wenn Patienten den Pass nicht bei sich tragen oder nach vielen Jahren verloren haben.

Unsichtbar und unverwechselbar

„Man muss sich das vorstellen wie ein Implantat im Implantat“, sagt Constanze Neupetsch, Leiterin der Forschungsgruppe für Prothetik und Instrumente am Fraunhofer IWU. „Während beim 3D-Druck Edelstahl oder Titan Schicht für Schicht ausgehärtet wird, lassen wir systematisch kleinste Hohlräume im Inneren, die man von außen nicht sieht. Die Anordnung der Hohlräume ist stabil und unverwechselbar. Wir pflanzen quasi einen QR-Code ins Metall. Genau wie auf einer Milchpackung oder einem Plakat an der Bushaltestelle, bei denen man mit dem Smartphone einen solchen Code scannen kann, sind dann auch Informationen von Implantaten abrufbar. Nur geht es hier eben um andere Lesegeräte als das Handy.“

Bauteilverfolgung und Kopierschutz

Das Verfahren des implantierten Codes ist darüber hinaus für alle produzierenden Unternehmen wertvoll, die ihre Fertigung effizienter gestalten oder Produktpiraterie verhindern wollen. Bauteile müssen bei der Herstellung nicht mehr von außen mit zusätzlichen Identifizierungsmerkmalen oder Informationsträgern, wie beispielsweise RFID-Chips, ausgestattet werden. Dieser Produktionsschritt entfällt – und mit ihm auch das Risiko einer Beschädigung.
Mit implantiertem Code sind fertige Produkte außerdem während ihrer gesamten Lebensdauer eindeutig identifizierbar. Das ist besonders in Branchen interessant, bei denen eine unverwechselbare Markierung von Produkten vorgeschrieben ist. Hinzu kommt: Imitate können jederzeit erkannt werden. Da äußerliche Manipulationen nicht mehr möglich sind, wirkt das wie ein Kopierschutz. Lesbar sind solche Codes in diesen Anwendungsfällen dann nicht mit Röntgengeräten, sondern mit Ultraschall oder Wirbelstrommessungen.

Webinar, fraunhofer, IWU

Webinar “Bauteilidentifikation in der additiven Fertigung”

Am 9. Juni 2020 sind Unternehmen, Medizinerinnen und Mediziner, Gesund-heitsinstitutionen sowie Expertinnen und Experten für Produktionsanlagen und Produktidentifizierung zum Webinar „Bauteilidentifikation in der additiven Fertigung“ des Fraunhofer IWU eingeladen. „Wir bieten das Webinar gerade jetzt an, weil in genau einem Jahr die europäische Verordnung mit der Pflicht zur einer einheitlichen Produktkennzeichnung für Medizinprodukte (UDI) in Kraft treten wird. Unsere Technologie ist wie gemacht dafür und wir werden dem Fachpublikum die Anwendungsmöglichkeiten mit unseren Maschinen demonstrieren. Darüber hinaus wird es um die Ausleseverfahren gehen, die für die Bauteilverfolgung innerhalb der Fertigung und die Rückverfolgbarkeit über die gesamte Produktlebensdauer hinweg angewendet werden können,“ erklärt Constanze Neupetsch die Initiative für das Webinar.

Aktion „Produktion jetzt!“

Das Webinar »Bauteilidentifikation in der additiven Fertigung« ist auch Teil der Aktion „Produktion jetzt!“ der Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer IWU. Sie verfolgen das Ziel, mit 40 ausgewählten technologischen Lösungen die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen konkret zu stärken. Constanze Neupetsch: „Die Produktion ist der Motor der deutschen Wirtschaft und gerade in schwierigen Zeiten spielt die Innovationskraft eine entscheidende Rolle. Die wollen wir steigern. Unsere Technologien sind effizienzsteigernd und zügig umsetzbar.“

Vorheriger ArtikelTitan: Zurück in den Werkstoffkreislauf
Nächster ArtikelAcerinox: Engagement für die Umwelt
Catrin Senger
Catrin ist Redakteurin bei Edelstahl Aktuell. Stahl zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Berufsleben. Sie hat eine Ausbildung bei einem Großhändler für Rohr- und Rohrzubehör absolviert und in verschiedenen Funktionen bei einem Hersteller und Lieferanten von Analysegeräten für die Metallindustrie gearbeitet.