Im Porträt: Valentin Kaltenbach, Geschäftsführender Gesellschafter der Kaltenbach.Solutions GmbH
Ein Brückenbauer, der die Welt der Maschinen mit der digitalen Welt verbindet
Er bezeichnet sich selbst als Unternehmer aus Leidenschaft und Smart Factory Spezialist: Valentin Kaltenbach verkaufte seine Unternehmensanteile am Unternehmen seines Vaters und wagte mit der Gründung von Kaltenbach.Solutions den Sprung ins kalte Wasser. Mit Edelstahl Aktuell sprach er über das Zusammenspiel von Mensch und Maschine, Digitalisierung im Stahlhandel und wie Monotonie für klare Gedanken sorgt.
EA: Guten Tag Herr Kaltenbach. Sie haben Maschinenbau studiert, trugen die Verantwortung im väterlichen Unternehmen– wie sind Sie mit Ihrer Vita digitaler Lösungsanbieter für den Stahlhandel geworden?
VK: In meinem „früheren“ Leben bin ich auf Bitten meines Vaters in das Familienunternehmen, einem Hersteller für Kreissägemaschinen, eingetreten.
Nach seinem Tod trug ich die Gesamtverantwortung und habe das Unternehmen weiterentwickelt. Ein Traditionsunternehmen zu führen ist eine tolle Sache, allerdings stieß ich im Laufe der Zeit an Grenzen, was etwa die Umsetzungsgeschwindigkeit von Veränderungen betraf. Mit Mitte 40 beschloss ich, mich neu zu orientieren. Diese Entscheidung wurde von vielen kritisch beäugt – das Erbe verkaufen. Aber ich finde es viel wichtiger, die Werte und Leidenschaften der Eltern zu übernehmen und weiterzutragen, das ist das Erbe, nicht die Steine oder den Ballast, den man mit sich trägt.
Ich bin dann in die Tech-Szene in Berlin eingetaucht und habe einen Onlineshop für Verschleißteile, Hilfs- und Werkstoffe für Maschinen aufgebaut. Diesen Bedarf kannte ich aus meinem Leben als Maschinenbauer. Schnell stellte ich fest, dass der digitale Mehrwert dieser Lösung überschaubar war, erkannte jedoch das Optimierungspotential in der Zusammenarbeit von Maschinen und Fachkräften. Und hier schließt sich der Kreis: Der Stahlhandel benötigt Maschinen für die Bearbeitung von Stahl – das kannte ich von früher – ich sah aber nun, dass Unternehmen eigentlich weniger Maschinen für die gleiche Arbeit benötigen, wenn sie die Ressourcen Mensch und Maschine nur sorgfältig einsetzen. Dafür benötigen sie das passende Werkzeug bzw. den tiefergehenden Blick.
Dazu habe ich gelernt, wenn man den Markt revolutionieren möchte, muss man genug Innovation bieten, so wurde ich vom Maschinenhersteller zum Digitalunternehmer.
EA: Sie bezeichnen sich bzw. Ihr Unternehmen Kaltenbach.Solutions als Smart Factory Spezialist. Was genau meinen Sie damit?
VK: Es geht immer um das Zusammenspiel von Mensch und Maschine. Das kann man sich vorstellen wie bei einem Musikinstrument, das beste Ergebnis wird erzielt, wenn es harmoniert. Auf die verarbeitende Industrie übertragen bedeutet das, wenn man zu wenige Menschen hat oder diese die Maschine nicht richtig nutzen können, bleiben die Maschine, die Produktion und somit auch das Unternehmen weiter hinter ihren Möglichkeiten zurück. Der begrenzende Faktor ist also die Organisation. Hier setzt Kaltenbach.Solutions an: Unsere digitalen Lösungen zeigen auf, an welchen Stellen Menschen mit welchen Fähigkeiten am besten eingesetzt werden können, so dass die Fachkräfte, die man zur Verfügung hat, optimal eingesetzt werden können.
EA: Wie genau funktioniert das?
VK: Das funktioniert durch das Sammeln riesiger Datenmengen mittels unserer boosterBOX. Stellen Sie sich die boosterBOX wie einen Menschen vor, der mit Augen und Ohren einer Maschine zuschaut und daraus Rückschlüsse zieht und Informationen bildet. Die boosterBOX wertet für das Unternehmen die Daten aus und identifiziert das Potential zur Effizienzsteigerung. Letztlich muss der jeweilige Kunde nur noch umsetzen.
EA: Wie wichtig ist das Verständnis von Industrie 4.0 für die Stahlbranche?
VK: Die Digitalisierung sollte als Werkzeug genutzt werden, das die ganz großen Probleme löst und neue Perspektiven schafft. Die Ressourcen Mensch, Maschine, Energie sollten effizienter eingesetzt werden, um dem Werkstoff Stahl in seiner Modernität gerecht zu werden.
Stahl ist ein uralter Werkstoff, aber gleichzeitig höchstmodern. Er ist Problemlöser für aktuelle Themen wie Urbanisierung, Energiewende etc, kommt aber unter Druck aufgrund der CO2-Emissionen im Herstellungsprozess oder der steigenden Energiekosten. Es ist vonnöten, Einsparpotenziale zu identifizierten, um für die weitere Wettbewerbsfähigkeit von Stahl zu sorgen.
Da ich aus dem Maschinenbau komme und nicht aus dem IT-Bereich, habe ich ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse und Herausforderungen der Branche und möchte diese nutzen. Ich brenne dafür Lösungen aus anderen Welten in die Welt der Stahlbranche zu bringen, denn im Herzen bin ich doch Ingenieur. (lacht)
EA: Welche Ziele wollen Sie beruflich noch erreichen?
VK: Ich bin Unternehmer mit Leidenschaft und das werde ich auch bis zum Ende bleiben. In einer Welt, die sich momentan so schnell ändert, können wir so viel bewegen und zu einem Besseren verändern. Es war noch nie so einfach wie jetzt Firmen zu gründen und von Grund auf aufzubauen und das birgt faszinierende Möglichkeiten. (lacht) Mal abgesehen von der Bürokratie und dem Papierkram dahinter natürlich.
EA: Sie verbringen viel Zeit „on the road“ und sind sehr engagiert, auch in der Verbandsarbeit, es wirkt fast als würden sie 24 Stunden täglich arbeiten. Wie gelingt es Ihnen abzuschalten und zu entspannen?
VK: (lacht) 24/7 arbeite ich auf jeden Fall nicht. Ich schlafe sehr gerne und brauche schon meine acht Stunden Schlaf am Tag. Und ansonsten liebe ich Langstreckenlauf oder steige auf hohe Berge. Diese monotonen Beschäftigungen helfen mir den Kopf freizulaufen. Meistens sind es genau diese Momente, wenn ich dann oben auf einem Berg steht und den Blick in die Landschaft schweifen lasse oder wenn ich diesen Rhythmus beim Laufen habe, in denen mir die besten Ideen kommen.