Vater und Sohn mit Edelstahl im Blut

Fotos: Schmidt Edelstahl GmbH

 

Thomas Schmidt ist der Geschäftsführer von Schmidt Edelstahl und der Vater von Max Deckers, der für das Business Development und die internationale Expansion des Unternehmens verantwortlich ist. Im Interview sprechen die beiden über die Besonderheiten der Zusammenarbeit mit der Familie und den Generationswechsel in der Edelstahlbranche.

Ein Interview mit Thomas Schmidt, Geschäftsführer der Schmidt Edelstahl GmbH, und Max Deckers, zuständig für International Business Development & Sales bei der Schmidt Edelstahl GmbH

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Von links: Thomas Schmidt, Max Deckers, Lars Schmidt.
EA: Wie verlief Ihr Start in der Edelstahlbranche und Ihr weiterer Werdegang?

TS: Mein Vater hat von seiner Tätigkeit in der Edelstahlbranche sehr viel Arbeit mit nach Hause genommen. Früher sahen Kunden- und Lieferantenbeziehungen anders aus, so dass wir als Kinder oft Geschäftspartner als Freunde der Familie am Esstisch getroffen haben. Natürlich war Edelstahl dann oft ein Gesprächsthema, das waren die ersten Berührungspunkte. Der nächste Schritt war Ferienarbeit im Lager und in der Ablage – damals noch in Papierform – und so kannte ich schon einige Namen und Mitarbeiter.

Edelstahl fand ich schon immer spannend, aber ich wollte lange Zeit Meeresbiologe werden und mein Vater hat mich dabei sehr unterstützt. Mit 20 habe ich die Meeresbiologie dann doch hinter mir gelassen und die Alternative war immer klar: Ich wollte etwas mit Menschen und Edelstahl machen. Nach meiner Ausbildung zum Außenhandelskaufmann in Hamburg ging ich nach Amerika, wo die Edelstahlindustrie schon größer war – in Deutschland war man damals schon ein Phänomen, wenn man eine Tonne Blech

verkaufen konnte (lacht) – und als ich 1985 zurückkam, bin ich offiziell in die Firma eingestiegen. Und als mich dann später meine Kinder gefragt haben, was ich eigentlich mache, habe ich mit ihnen bei der „Sendung mit der Maus“ angeguckt, wie zum Beispiel Tiefkühlpizza gemacht wird und konnte dort unsere Produkte wie rutschende Edelstahloberflächen in den Maschinen zeigen.

MD: Ich hatte als Kind auch Kontakt mit der Arbeit meines Vaters, allerdings bis ins späte Teenageralter nur marginal. Vor 20 Jahren, als ich ein Kind war, gingen in unserem Privathaushalt keine Kunden mehr ein und aus. Ich glaube, das ist der größte Unterschied, dass mein Bruder und ich sowas wie bei Opa am Abendbrottisch nicht erlebt haben. So ist meine Beziehung zu Edelstahl viel neutraler gewesen und ich habe erst mit 26 Jahren den Schwenk von Obst und anderen Lebensmitteln zum Edelstahl gemacht. Denn, nachdem ich mein Studium in Hamburg abgeschlossen hatte, war ich auch erstmal in der Weltgeschichte unterwegs und habe mir bei ein, zwei anderen Arbeitgebern meine Hörner abgestoßen (lacht). Vor vier Jahren, im August 2020 hat mich mein Weg dann zu meiner aktuellen Tätigkeit bei Schmidt Edelstahl geführt. Seitdem bin ich vollumfänglich im Einsatz und versuche den Verkauf zu restrukturieren. Über diesen Schritt bin ich sehr glücklich, denn jeder der schon mal mit, Erdbeeren gehandelt hat ist einfach dankbar, dass Edelstahl nicht schlecht wird und nicht rostet, sondern brav darauf wartet, verkauft zu werden (lacht).

EA: Was macht für Sie die Faszination von Edelstahl aus?

TS: Ich glaube, bei Edelstahl gibt es nur den einen oder den anderen Weg: Entweder man sieht es, man fühlt es und ist voll dabei – oder man hält es für langweilig.

MD: Ich glaube, dass viele Leute noch nicht die Chance hatten, das Interessante an Edelstahl kennen zu lernen. Es gibt sicherlich andere Pro dukte, die auf dem Papier spannender klingen, aber letztlich hat er seine eigene Faszination, von der man infiziert werden kann.

TS: Edelstahl schließt andere Produkte und Werkstoffe nicht aus. Beispielsweise Holz und Edelstahl können ihre Eigenschaften wunderbar in neuen Werkstücken kombinieren. Sowohl im Design als auch funktional ist Edelstahl einfach zeitlos und bleibt ein spannendes Material. Zum Beispiel bei Antirutschblechen, rutschigen Oberflächen und Kreuzschliffblechen kommt täglich etwas Neues auf uns zu und es gibt enormes Entwicklungspotenzial.

MD: Ja, Edelstahl hat eine große Eigendynamik, mit der für unzählige Probleme und Anwendungsbereiche eine Lösung gefunden oder entwickelt werden kann.

EA: Welche Veränderungen sehen Sie in der Edelstahlbranche und in Ihrem Unternehmen heute und in der Zukunft? 

TS: Gerade in der Medizintechnik kann Edelstahl beispielsweise zur Herstellung von Hüft- und Kniegelenken oder für einen Draht zum Säubern von Herzarterien verwendet werden, und das ist erst der Anfang. Beschleunigt durch die KI kann ich mir vorstellen, dass Anwendungen für Edelstahl, die wir vor 30, 40 Jahren in Science-Fiction-Filmen gesehen haben, Realität werden, und das ist vor allem im chirurgischen Bereich meine Hoffnung. Eine weitere spürbare Veränderung ist der Generationswechsel. Auch bei unseren Partnern und Lieferanten merke ich, dass viele der bekannten Gesichter aus meiner Generation zumindest entscheidend zurücktreten. Es bringt mir Spaß, mit jungen Menschen zu arbeiten. Mir ist klar, dass sich die Zeiten ändern, und deshalb ist es gut, dass mein Sohn da ist, um mich nötigenfalls zu bremsen, wenn ich in die falsche Richtung gehen will, oder um manche Dinge einfach zu übernehmen, um sie zeitgemäß zu machen. Irgendwann wird der Staffelstab komplett übergeben, und ich habe kein Problem damit, sondern wünsche viel Erfolg und biete meine Erfahrung an, wenn sie gewünscht wird.

MD: Ja, das Zusammenarbeiten unterschiedlicher Generationen sowie der Generationenübergänge innerhalb der Firma, auch bei unseren Kunden und Lieferanten, ist eine spannende Herausforderung. Es gilt, Kunden zu überzeugen, zu investieren, neue Verbindungen zu knüpfen und Geschäftspartner an allen Fronten zu gewinnen. Es ist nicht so, dass es keine Fachkräfte gäbe, aber wir können auch nicht alle Stellen doppelt und dreifach besetzen und müssten dementsprechend sichergehen, dass wir die richtigen Leute in den richtigen Positionen haben, in denen sie glücklich und motiviert sind, gemeinsam mit voller Kraft Pläne umzusetzen.

TS: Ich würde mir wünschen, dass sich das Unternehmen weiterentwickelt, aber dass Stabilität der Fokus bleibt. Dass keinem prozentualem Wachstum hinterhergehetzt wird, sondern das Erreichte gefestigt und gepflegt wird. Wenn mir heute jemand sagen würde, dass es uns nicht nur persönlich gesundheitlich, sondern auch der Firma und den Mitarbeitern finanziell in den nächsten 15 Jahren so geht wie jetzt, würde ich das sofort unterschreiben. Außerdem wünsche ich mir, dass wir unsere Position nutzen, um uns sozial zu engagieren, wie wir es mit der Spendensammlung für Kinder, die sich in Deutschland, in Hückeswagen, kein Schulessen leisten konnten, getan haben. Natürlich möchte jeder die Welt retten, aber manchmal muss man sich auf seinen kleinen Kosmos konzentrieren und sich um die Menschen in seiner Nähe kümmern.

MD: Ich glaube, dass soziales Engagement ein wichtiger Aspekt des Geschäftserfolgs sein sollte und wenn man manchmal das Gefühl hat, einem fehlt die Zeit, setzt man seine Prioritäten vielleicht anders oder falsch. Allerdings wünsche ich mir durchaus ein Wachstum für Schmidt Edelstahl, nicht zwingend in Tonnage oder Umsatz, sondern durch unsere Expansion und die richtigen nationalen und internationalen Partnerschaften, mit denen wir die Zukunft bestreiten möchten. Wenn ich von den richtigen Geschäftspartnern spreche, dann meine ich nicht die, die zu mir oder meinem Vater passen, wir können uns anpassen, sondern die, die zum gemeinschaftlichen Gefüge passen und da sind wir auf einem guten Weg.

EA: Worauf sind Sie stolz – privat oder beruflich?

MD: Privates und Geschäftliches sind bei mir vermischt, da ich stolz darauf bin, wie mein Vater und ich den Spagat zwischen familiärer und geschäftlicher Beziehung gemeistert haben. Ein Familienmitglied als Arbeitgeber zu haben, hat große Vorteile, aber auch eine gewisse Brisanz, da Emotionen häufig außen vor gelassen werden müssen. Diese herausfordernde Situation war für uns nicht immer einfach, aber heute haben wir uns eingespielt und die positiven Aspekte überwiegen und motivieren.

TS: Ich bin stolz auf meine beiden Jungs, weil sie es geschafft haben, sich trotz aller Unwägbarkeiten dieser schnelllebigen Zeit gut zu entwickeln und ihren Weg zu gehen. Menschen sind schnell dabei, die Jugend zu verdammen, aber eigentlich muss man sich dabei den Spiegel vorhalten und sich fragen, wer diese Kinder erzogen hat. Natürlich bin ich auch stolz auf meine Frau, die mir in der Erziehung und in der Firma den Rücken freigehalten hat, um das zu ermöglichen, was ich in den letzten 30 oder 40 Jahren auf die Beine gestellt habe.

EA: Worauf sind Sie stolz – privat oder beruflich?

MD: Bei mir ist es der Sport. Golfen entspannt mich ungemein… zumindest, wenn es gut läuft. Wenn es schlecht läuft, bin ich vielleicht nicht entspannt, aber ich denke zumindest nicht über Edelstahl nach (lacht). Aber auch beim Laufen mit der Laufgruppe oder wenn ich mit Freunden einfach die Zeit vergesse, ist das sehr entspannend.

TS: Mit meiner Frau durch Hamburg zu spazieren, unten an der Elbe womöglich in der Haifischbar zu sitzen und bei einem kühlen Bier den Schiffen zuzuschauen gibt mir unheimlich viel Kraft und Lebensfreude.

Sonja Wingels
Sonja ist Redakteurin bei der Edelstahl Aktuell. Nach ihrem Studium der Psychologie an der HHU in Düsseldorf und selbstständiger Arbeit als Content Creator nutzt sie nun diese Erfahrungen, um zum Erfolg der Zeitung beizutragen und ihr Fachwissen in der Edelstahlbranche zu vertiefen.

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Sonja Wingels
Sonja ist Redakteurin bei der Edelstahl Aktuell. Nach ihrem Studium der Psychologie an der HHU in Düsseldorf und selbstständiger Arbeit als Content Creator nutzt sie nun diese Erfahrungen, um zum Erfolg der Zeitung beizutragen und ihr Fachwissen in der Edelstahlbranche zu vertiefen.