Venus Pipes & Tubes: Auf dem Weg zu Indiens größtem Hersteller von Edelstahlrohren

Fotos: Venus Pipes & Tubes

Der Hersteller von nahtlosen und geschweißten Edelstahlrohren Venus Pipes & Tubes ist seit seiner Gründung 2015 schnell zu einer beeindruckenden Größe im Markt gewachsen. Im Sommer 2023 gründete Stefan Müller-Bernhardt mit seinen indischen Partnern die Venus Europe GmbH. Nun kann auch ab Mettmann die europäische Kundschaft mit nahtlosen Edelstahlrohren beliefert werden. Im Gespräch mit Edelstahl Aktuell nimmt er uns mit auf die Reise von Venus Pipe & Tubes von den Anfängen bis heute.

Venus Pipes & Tubes wurde im Dezember 2015 von Arun Kothari, Mahesh Chaudhary, Jitendra Chaudhary und Dhruv Patel gegründet und fokussiert sich seitdem auf die Herstellung von nahtlosen und geschweißten Edelstahlrohren in einem sehr breiten Größenspektrum: Geschweißte Rohre werden mittlerweile in einem Außendurchmesser von 13 mm bis 1.460 mm produziert und nahtlose Rohre werden mit einem Außendurchmesser von 6 mm bis 219 mm geliefert.

Mit seiner zentralen Produktionsstätte und strategisch platziertem Hauptsitz in Bhuj-Bachau (Kutch, Gujarat), nahe des Hafens von Mundra und der beiden Flughäfen von Kandla und Bhuj, gewährleistet Venus eine gute logistische Effizienz beim Export seiner Produkte und Rohmaterialien.

Venus Pipes & Tubes: Auf dem Weg zu Indiens größtem Hersteller von Edelstahlrohren
Nahtlose Rohre.

In den Jahren nach seiner Gründung konnte sich das indische Unternehmen das Vertrauen vieler Kunden erarbeiten und ein beispielloses Wachstum erfahren. Eine Vergrößerung der Produktionsstätten und auch der Unternehmensstrukturen war eine notwendige und sinnvolle Folge dessen, dass die jährliche Wachstumsrate in den letzten vier Jahren bei rund 83 Prozent lag.

Dieses Wachstum wurde auch durch den Börsengang im Sommer 2022 ermöglicht. Zu den Aktionären von Venus Pipes & Tubes gehören heute neben den vier Gründern namhafte institutionelle Unternehmen weltweit, wie z.B. BNP Paribas oder Société Génerale. Durch die neuen finanziellen Mittel wurde weiteres Land erworben, so dass Venus sich von einer bereits 58.000 m2 großen Landfläche auf heute über 140.000 m² vergrößerte. Diese Fläche beinhaltet 46.000 m2 für acht Produktionshallen, denn Venus investierte in die Technologie und Anlagen, um sowohl die Kapazitäten für nahtlose als auch geschweißte Rohre gleichzeitig zu erweitern.

Großinvestitionen

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Induktionsglühen von geschweißten Rohren.

Innerhalb von 18 Monaten wurden im Herbst 2023 die Baumaßnahmen abgeschlossen. Heute werden monatlich bei Venus etwa 1.000 Tonnen nahtlose Rohre und 1.800 Tonnen geschweißte Rohre produziert. Die Kapazitätsgrenze von 37.000 Tonnen jährlich ist also zu 90 Prozent ausgelastet. Diese Mengen wurden durch die neuen Anlagen realisierbar. Eine Marktlücke, die Venus erkannte, sind Edelstahlrohre mit großem Durchmesser, so dass in eine Edelstahl LSAW-Blechschweißanlage investiert wurde. Müller-Bernhardt erläutert: „Hierbei handelt es sich um eine Blechschweißanlage mit einer 2.000 Tonnen Presse, die durch wiederholtes, gezieltes Pressen der Edelstahlbleche eine Biegung erzeugt. So können Edelstahlrohre mit einer Wandstärke bis zu 50 mm produziert und besagte Marktlücke geschlossen werden.

Die maximale Produktionskapazität der LSAW-Anlage liegt bei Rohren mit 1.456 mm Außendurchmesser und 50 mm Dicke bei einer Länge von 12 Metern. Diese riesigen Edelstahlrohre werden häufig für Cross-Country Pipelines und Ölfeldrohre verwendet.“

Für den Piercingprozess bei der Herstellung nahtloser Rohre war zweifelsohne das vertikale Warmlochwalzwerk eine wichtige Anschaffung. „Wir können nun Mutterrohre, also das Vormaterial für nahtlose Rohre, selbst herstellen“, freut sich Müller-Bernhardt. Dazu kamen neue, größere Pilgerlinien, ein Expander und Ziehbänke, um den gesamten Herstellungsprozess nahtloser Rohre bis zu einem Durchmesser von 219 mm darstellen zu können. „Durch diese Breite an technischen Produktionsanlagen hat sich Venus Pipes & Tubes in Indien als eine Art One-Stop-Shop für Edelstahlrohre etabliert“, betont Müller-Bernhardt.

Die In-House-Mutterrohrfertigung bietet übrigens gleich mehrere Vorteile, weist er auf weitere wichtige Aspekte hin: „Durch diese garantieren wir für alle Kunden eine Sicherheit im Bereich des Materialursprungs. Auch unsere Einsatzmaterialien sind indischen Ursprungs, dies ist die Basis für die zuverlässige Partnerschaft mit den Kunden. Die Qualität wird mit dem Label und der Zertifizierung ,100 % Made in India‘ sichergestellt.“

Kompetenz: Edelstahl

Der Anspruch ‚100 % Made in India‘ ist für Venus kein Marketinggag, sondern wird im ganzen Unternehmen gelebt. Vom Ausgangsprodukt Blech bzw. Stab bis zum Endprodukt soll das Rohr in Indien produziert worden sein. So werde auch das Vormaterial hauptsächlich von lokalen, indischen Lieferanten mit gutem Ruf oder von renommierten internationalen Produzenten geliefert. Das junge, sehr stark wachsende Unternehmen ist sehr stolz, der größte indische Edelstahlrohrhersteller in Indien zu sein. „Edelstahl ist unsere Kompetenz“, bekräftigt Müller-Bernhardt. Daher sei auch nicht geplant, zusätzliche Werkstoffe oder andere Produkte ins Portfolio aufzunehmen.

Auf dem Weg zu Indiens größtem Hersteller von Edelstahlrohren
Frisch gepierctes Mutterrohr.

Stattdessen werde nicht nur in eine Kapazitätserhöhung, sondern auch in Qualität investiert. So wurde neben einer In-Line Ultraschallprüfbank eine Röntgendurchstrahlungsanlage aus deutscher Produktion für das Prüflabor angeschafft. Somit kann jedes geschweißte Edelstahlrohr innerhalb von zehn Minuten komplett durchleuchtet werden. „Venus setzt mehr und mehr auf europäische Qualität und Know-how für die Herstellung von State-of-the-Art-Produkten bester Güte“, so Müller-Bernhardt.

Achtsamer Umgang mit der Natur

Diese Sorgfalt macht sich auch in dem Umweltbewusstsein von Venus bemerkbar. Es sollen umweltfreundliche Produktionsprozesse aufgebaut werden. Im letzten Jahr wurde etwa eine komplett geschlossene Beizanlage aufgebaut. Hier werden nach dem schwedischen Prozess Wasser und Beizflüssigkeit recycelt und gefiltert, um in das geschlossene System wieder eingeführt zu werden. „Bhuj-Bachau ist eine regenarme Gegend. Entsprechend ist es Venus sehr bewusst, wie sparsam man mit der Natur umgehen muss. Daher auch die Entscheidung für eine komplett geschlossene Beizanlage“, fügt Müller-Bernhardt erklärend hinzu und weist auf eine kürzlich stattgefundene Baumpflanzaktion hin. „Jüngst wurden 300 Bäume auf dem Werksgelände gepflanzt, um Natur zurückzugeben, die während des Baus des Werks leider in Anspruch genommen werden musste.“

Zudem ist geplant, die Gasglühofen für Zwischenglühungen auf elektrische Induktion umzustellen, um so die CO2-Emissionen des Werks weiter zu reduzieren. Ein Solarpark mit einer erwarteten Leistung von 1,3 MW soll Anfang März in Betrieb genommen werden. Rund 60 Prozent des heutigen Energiebedarfs von Venus Pipes & Tubes sollen mit dem Solarstrom abgedeckt werden. Und es ist bereits eine weitere Anlage mit gleicher Leistung in Planung. Bis zur Einführung von CBAM wird sich Venus vollständig mit erneuerbaren Energien versorgen können. Stefan Müller-Bernhardt zeigt sich zuversichtlich, dass Venus Pipes & Tubes ab dem finanziellen Impact der CBAM ein weithin grünes Unternehmen sein wird und seinen Kunden attraktive CBAM-Steuern ermöglichen kann. Die indische Regierung hat in der Zwischenzeit ein ähnliches Carbon Emission Projekt gestartet, aber unabhängig davon möchte Venus auch freiwillig dem Markt zeigen, wie man umweltgerecht produziert.

Mitarbeiter im Mittelpunkt

Auf dem Weg zu Indiens größtem Hersteller von Edelstahlrohren
Blick auf die Pilgeranlagen.

Sicherheit wird in allen Bereichen von Venus Pipes & Tubes großgeschrieben. Man wird keinen Mitarbeiter ohne Helm oder Arbeitsschuhe finden. „Nicht ohne Grund wird Venus auch von Kunden und Besuchern als das europäischste Werk in Indien bezeichnet“, lacht Müller-Bernhardt. Hier steht der Mitarbeiter im Mittelpunkt. Mittlerweise zählt das Unternehmen 1.000 Mitarbeiter, die in drei Schichten arbeiten. In der Produktion wird die 5S-Methode angewandt. Es zählt jedoch nicht nur die körperliche Unversehrtheit. Auch mit Events wie beispielsweise einem Cricket-Turnier werden die Stimmung und der Teamgeist hoch gehalten.

Das Unternehmen hat sich einen guten Ruf als attraktiver Arbeitgeber erarbeitet und findet somit einfacher fähige Mitarbeiter.

Venus bietet Leistungen, die weit über das Landesübliche hinausgehen: So wird Mitarbeitern nicht nur ein Transport zwischen dem Zuhause und Werk angeboten, sondern auch Wohnraum im Venus Campus zur Verfügung gestellt. Zudem bietet Venus Verpflegung in der werkseigenen Kantine. Dort treffen Arbeiter, Angestellte und Geschäftsführung zusammen – gelebte Gleichheit ohne Standesdünkel.

Alle vorgestellten Maßnahmen von der Technik über das Umweltbewusstsein bis zur Mitarbeiterzufriedenheit tragen zum Erfolg von Venus bei. Mittlerweile exportiert der Hersteller in 23 Länder. Es war somit nur eine Frage der Zeit, bis in Europa ein eigenes Unternehmen für den Vertrieb gegründet wurde. Mit der langjährigen Erfahrung von Stefan Müller-Bernhardt wird nun der europäische Markt erschlossen und mit Rohren von Venus Pipes & Tubes versorgt.

Venus in Europa

Venus Europe steuert den Verkauf von Venus Edelstahlrohren in ganz Europa, von Skandinavien bis Spanien. Das Unternehmen verfügt über die exklusiven Vertriebsrechte von Venus für den europäischen Markt. In Mettmann betreibt Venus Europe GmbH ein Lager mit einem Bestand von einigen hundert Tonnen nahtloser Edelstahlrohre für die Werkskunden. Der Standort nahe Düsseldorf wurde mit Bedacht gewählt: So hat er den Vorteil, dass im Umkreis von 300 Kilometern 80 Prozent der deutschen Edelstahlindustrie abgedeckt sind. In diesem Lager befindet sich ein Puffer-Lagerbestand exklusiv für Partner und Werkskunden. „Wir verstehen uns als Partnerlager für unsere Werkskunden“, erklärt Müller-Bernhardt. An dieser zuverlässigen Verfügbarkeit arbeiten er und Thomas De Vos, der ihn seit dem 2. Dezember 2023 von Belgien aus unterstützt.

Venus Pipes & Tubes: Auf dem Weg zu Indiens größtem Hersteller von Edelstahlrohren
Stefan Müller-Bernhardt – Geschäftsführer der Venus Europe GmbH.

Erfolgreich, denn nach nur einem Jahr aktiver Akquise hat Venus bereits einen respektablen Marktanteil von 6 Prozent der gesamten Importmenge indischer Werke. Nach Fertigstellung der Piercinganlage im vergangenen Jahr erfolgte der erste Export nahtloser Edelstahlrohre nach Europa. Fachmännisch verkauft wurden diese bereits ab Sommer 2022. Müller-Bernhardt wird nicht müde zu betonen, dass der Erfolg auf Teamwork beruht: „Wir sind ein Team. Der eine ist nichts ohne den anderen. Wir greifen ineinander wie ein Zahnrad.“

Während im Heimatmarkt in Indien zu 95 Prozent an direkte Abnehmer verkauft wird, verfolgt das Unternehmen in Europa eine andere Strategie: Zielkunden von Venus Pipes & Tubes sind Distributoren, Lagerhalter und Händler. „Wir haben in Europa nicht die Größe, um Endnutzerverkäufe zu machen und wir wollen unseren guten Kunden natürlich auch keine Konkurrenz machen“, führt Müller-Bernhardt dazu aus. Außerdem fokussiert sich Venus auf dem europäischen Markt rein auf nahtlose Edelstahlrohre. „Die Marktgegebenheiten für geschweißte Edelstahlrohre gestalten sich durch die Preise, starke Konkurrenzsituation sowie Marktabdeckung so, dass wir derzeit keine geschweißten Edelstahlrohre in Europa verkaufen.“

Vom Wettbewerb kann sich Venus Europe zudem dadurch absetzen, dass SMB Staystainless auch In-House Seminare mit weiterbildenden Mitarbeiterschulungen zu geschweißten und nahtlosen Edelstahlrohren bieten kann, denn die Beratungsfirma für Edelstahlrohre, Fittings und Flansche wird ebenfalls von Stefan Müller-Bernhardt geführt.

Dankbar zurückblicken

Nach der umfassenden Vergrößerung und Weiterentwicklung des Unternehmensstandorts und Erreichen einer 90-prozentigen Kapazitätsauslastung sind weitere Investitionen in näherer Zukunft vorgesehen. Kapazitäten für die Erweiterung sind unter anderem durch den Erwerb einer 30.000 m² großen Landreserve gesichert.

„Wir sind stolz auf unsere ,alten‘ blauen Dächer, unter denen alles anfing. Denn diese blauen Hallen haben es anfangs ermöglicht, 200 Tonnen geschweißte Edelstahlrohre im Monat zu produzieren. Heute gibt es so viele Hallen drum herum und es werden jetzt schon wieder mehr gebaut oder sind in Planung, aber man hat immer noch die Bilder mit den blauen Hallendächern im Kopf“, erinnert sich Stefan Müller-Bernhardt.

Auf dem Weg zu Indiens größtem Hersteller von Edelstahlrohren
Die Venus Pipes & Tubes Produktionshallen in Bhuj-Bachau (Kutch, Gujarat).

„Die sehr partnerschaftlichen Beziehungen, die wir mit Fachpublikationen wie Edelstahl Aktuell und weiteren Marketingpartnern pflegen, haben unseren Bekanntheitsgrad gesteigert und das Wachstum ermöglicht, das es uns jetzt erlaubt, uns als Sponsor der Stainless Steel World in Maastricht 2025 und 2027 dankbar zu zeigen“, so Müller-Bernhardt. Davor haben Kunden und Interessenten jedoch noch auf der Tube 2024 vom 15. bis 19. April in Düsseldorf die Gelegenheit, mit Venus ins Gespräch zu kommen.

Auf dem Weg zu Indiens größtem Hersteller von Edelstahlrohren

Daten und Fakten

Name: Venus Pipes & Tubes LTD

Gegründet: 2015

Produkte:

  • Edelstahlrohre von rd 6.0 mm bis 1456 mm
  • Nahtlose Rohre aus rostfreiem Stahl
  • Präzisions- und Wärmetauscherrohre aus Edelstahl
  • Hydraulik- und Instrumentenrohre aus Edelstahl
  • Geschweißte Rohre aus rostfreiem Stahl

Webseite: www.venuspipes.com

Kontakt: europe@venuspipes.com

Catrin Senger
Catrin ist Redakteurin bei Edelstahl Aktuell. Stahl zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Berufsleben. Sie hat eine Ausbildung bei einem Großhändler für Rohr- und Rohrzubehör absolviert und in verschiedenen Funktionen bei einem Hersteller und Lieferanten von Analysegeräten für die Metallindustrie gearbeitet.

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Sonja Wingels
Sonja ist Redakteurin bei der Edelstahl Aktuell. Nach ihrem Studium der Psychologie an der HHU in Düsseldorf und selbstständiger Arbeit als Content Creator nutzt sie nun diese Erfahrungen, um zum Erfolg der Zeitung beizutragen und ihr Fachwissen in der Edelstahlbranche zu vertiefen.