Seit knapp zwei Jahren testet Schoeller intensiv ein komplexes und in der Metallverarbeitung nach wie vor selten eingesetztes Verfahren: das elektrochemische Trennschleifen (Kurzform ECG für Electro Chemical Grinding).
Beim ECG werden abrasives Schleifen und elektrochemischer Materialabtrag kombiniert, indem beim Trennvorgang die Scheibe sowie die Rohrvorlage in der Trennmatrize von einem leitfähigen Elektrolyten umspült werden. Beim eigentlichen Trennen der Rohre wird so ein Gleichstrom erzeugt, der eine Oxidation der Metalloberfläche bewirkt und diese anlöst. Die Schleifkörper der Trennscheibe tragen anschließend mechanisch die oxidierte Metallschicht ab.
Dieses Verfahren biete vor allem bei kleinen Rohrabmessungen unterhalb von 1,5 mm Innendurchmesser große Vorteile, da diese nicht händisch entgratet oder gleitgeschliffen werden können. Beim ECG findet dagegen automatisch eine Verrundung der Rohrkanten statt. Zusätzlich werden in diesem Verfahren nur geringe Trennkräfte benötigt, sodass dünnwandige Rohre ohne Beschädigungen getrennt werden können.
„Zusammen mit einem Kunden aus der Medizintechnik haben wir in den letzten Monaten das Verfahren und die dazu notwendigen Parameter ausgiebig getestet und die notwendigen Erfahrungswerte für die Serienproduktion aufgebaut. Um eine den Anforderungen entsprechende Verrundung der Rohrenden zu erzeugen, ist die richtige Wahl der Fertigungsparameter abgestimmt auf die jeweilige Rohrabmessungs-Werkstoff-Kombination absolut erfolgskritisch,“ so Laura Hennes, die bei Schoeller zuständige Projektleiterin aus dem Bereich Produktmanagement und -entwicklung. „Es brauchte viele Versuche seitens Produktion, Prozess- und Technologieentwicklung sowie Produktentwicklung, um das Verfahren in einen stabilen Fertigungsprozess zu überführen. Allein unsere finale Bemusterung umfasste daher über 300.000 Stück.“
Mit dem erfolgreichen Abschluss des Pilotprojekts hat Schoeller die Entscheidung getroffen, das ECG-Verfahren in die Serienfertigung zu überführen. „Dieses Investment – sowohl maschinell als auch personell – ist ein wichtiger Meilenstein bei unserer stärkeren Ausrichtung auf andere Industriesegmente. Denn mit der nun aufgebauten Fähigkeit, Kleinstrohre gratfrei trennen zu können, sind wir in der Lage, Produkte für Anwendungsgebiete zu entwickeln, in denen kleine Abmessungen gefragt sind und in denen wir großes Potential sehen, wie zum Beispiel in der Medizintechnik oder dem Energiesektor. Im nächsten Schritt werden wir dieses Verfahren auch für andere Werkstoff- / Produktkombinationen testen und einsetzen“, beschreibt Frank Poschen, CEO von Schoeller, die strategische und wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens.