Korrosionsbeständigkeit durch Werkstoffauswahl

Fotos und Grafiken: Swagelok Company

Fluidsysteme in der Offshore-Öl- und Gasindustrie sind stark korrosionsanfällig. Unterschiedliche Korrosionsarten wie allgemeine, lokale und spannungsinduzierte Korrosion erfordern spezifisch angepasste Legierungen. Mit einer sorgfältigen Materialauswahl, Qualitätsprüfung und Komponentenspezifikation lassen sich Korrosionsrisiken sowie langfristige Kosten erheblich reduzieren.

Ein Gastbeitrag von Buddy Damm, Senior Scientist, Swagelok Company

Hervorragende Korrosionsbeständigkeit durch die Auswahl geeigneter Werkstoffe
Anbieter sollten detaillierte Angaben zu mechanischen Eigenschaften wie Dehn- und Zugfestigkeit machen, um die Eignung von Metallkomponenten für bestimmte Anwendungen ermitteln zu können.

Fluidsysteme für Offshore-Anlagen im Öl- und Gassektor können mitunter sehr komplex sein. Viele Systeme umfassen nahezu 15.000 Meter an Rohren, über 20.000 Fluidsystemkomponenten, 10.000 Verschraubungen und bis zu 8.000 mechanische Anschlüsse. Da die Instandhaltung industrieller Offshore-Fluidsysteme oft alles andere als einfach ist, muss man bei der Werkstoffauswahl für diese Anwendungen umfassende Abwägungen treffen. Einer der wichtigsten Faktoren in diesem Zusammenhang ist die Korrosionsbeständigkeit des Systems.

Die im System verbauten Komponenten sollten nach Möglichkeit aus Werkstoffen bestehen, die verhindern, dass die Leistungsfähigkeit des Systems durch Korrosionsschäden beeinträchtigt wird. Die Werkstoffe der Komponenten sind zwar nicht der einzige wichtige Faktor, aber sie spielen eine entscheidende Rolle. Anbieter sollten nicht nur die Werkstoffqualität und die Herstellung zertifizieren, sondern sie sollten auch über die nötige werkstoffwissenschaftliche Expertise verfügen, um Entscheidungen für die gesamte Systemlebensdauer treffen zu können. Diese Expertise und Beratungsleistungen können über den Erfolg oder Misserfolg des Systems entscheiden.

Langfristig hohe Qualität

Angesichts der rauen Bedingungen auf Offshore-Plattformen ist Korrosion praktisch nicht vermeidbar. Aber wie genau entsteht sie? Korrosion tritt immer dann auf, wenn Metallatome oxidieren und dies zu einem Materialverlust auf der Metalloberfläche und zu einer Verringerung der Wandstärke des Bauteils führt. Das kann letzten Endes zu einem vorzeitigen mechanischen Versagen führen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass es viele unterschiedliche Arten von Korrosion mit verschiedenen Risiken gibt.

Darüber hinaus kann auch die chemische Zusammensetzung der beförderten Fluide einen Einfluss auf die Korrosionsbeständigkeit von Komponenten haben. Aus diesem Grund muss bei jedem einzelnen Schritt die Qualität im Vordergrund stehen – von der Qualifizierung der Stangenmaterialien bis hin zur Endkontrolle der Komponenten.

Korrosionsmechanismen und Strategien zur Vermeidung

Korrosion ist ein komplexer technischer Prozess. Für die Auslegung korrosionsbeständiger Systeme muss man daher die unterschiedlichen Korrosionsarten gut kennen. Korrosion lässt sich grob in allgemeine, lokale und spannungsinduzierte Korrosion unterteilen.

Die allgemeine Korrosion tritt dann auf, wenn eine anfällige Legierung einer ausreichend korrosiven Umgebung ausgesetzt wird. Niedriglegierte Stähle korrodieren beispielsweise, wenn sie in feuchten oder nassen Umgebungen zum Einsatz kommen. In korrosiveren Umgebungen – z. B. bei Säuren – müssen Legierungen mit einer höheren Korrosionsbeständigkeit verwendet werden, wie Edelstähle oder Nickelbasislegierungen.

Lokale Korrosion tritt auf, wenn die passive Oxidschicht beschädigt wird, die die darunter liegende Legierung vor Korrosion schützt. Zu den häufigsten Beispielen für diese Korrosionsart zählen Lochfraß und Spaltkorrosion. Mit zunehmendem Verlauf der Lochfraß- und Spaltkorrosion wird die lokale Umgebung korrosiver und die Materialbeschädigung wird beschleunigt. Legierungen mit einem höheren Anteil an Chrom (Cr), Molybdän (Mo) und Stickstoff (N) weisen eine höhere Beständigkeit gegenüber Lochfraß- und Spaltkorrosion auf.

Hervorragende Korrosionsbeständigkeit durch die Auswahl geeigneter Werkstoffe
Komponenten aus Metallen mit höherem Chrom- und Nickelgehalt (wie Edelstahl 316) können Korrosion besser standhalten als minderwertige Edelstähle.

Spannungsinduzierte Korrosion tritt dann in Erscheinung, wenn eine anfällige Legierung in einer korrosiven Umgebung statischen oder zyklischen Spannungen ausgesetzt ist. Häufige Beispiele umfassen Spannungsrisskorrosion durch Chloridionen (Cl) oder durch Sulfide (H2S). In austenitischen Edelstählen und Nickellegierungen lässt sich die Beständigkeit gegenüber chloridinduzierter Spannungsrisskorrosion durch einen höheren Nickelgehalt verbessern. In Öl- und Gasanwendungen können verschiedene spannungsinduzierte Korrosionsmechanismen zusammenwirken. Die Normen NACE MR0175 und ISO 15156 geben Richtlinien für die Auswahl von Legierungen auf Grundlage von umgebungsbedingten Parametern wie Säuregehalt (pH-Wert), Konzentration an Chloridionen und H2S sowie Temperatur vor. In korrosiveren Umgebungen ist der Einsatz von hochlegierteren Edelstählen oder Nickelbasislegierungen erforderlich.

Zusammenarbeit mit zuverlässigen Anbietern

Hervorragende Korrosionsbeständigkeit durch die Auswahl geeigneter Werkstoffe
Ein zuverlässiger Anbieter kann bei der Auslegung sowie bei der Auswahl geeigneter Komponenten für industrielle Fluidsysteme unterstützen.

Die einfachste Methode zur Vermeidung von korrosionsbedingten Problemen in industriellen Fluidsystemen ist die Zusammenarbeit mit zuverlässigen Anbietern, die über strenge Qualitätskontrollmaßnahmen verfügen. Selbst die Stangenmaterialien sollten einer Sichtprüfung oder zerstörungsfreien Prüfverfahren unterzogen werden. In manchen Fällen sind spezielle Prüfungen zum Nachweis der Korrosionsbeständigkeit erforderlich, die der Anbieter durchführen sollte.

Der Anbieter kann außerdem dabei unterstützen, die genaue Zusammensetzung und Eignung von Werkstoffen zu prüfen. Eine optimierte Zusammensetzung der Legierung ist wichtig für die

Korrosionsbeständigkeit, Festigkeit, Schweißbarkeit und Dehnfestigkeit. Ein höherer Anteil an Nickel (Ni) und Chrom (Cr) in Edelstahl 316 als in den Normen der ASTM International vorgeschrieben verbessert etwa die Korrosionsbeständigkeit von Werkstoffen. Hersteller sollten daher stets die chemische Zusammensetzung ihrer Werkstoffe angeben und auf die Einhaltung der von der ISO (Internationale Organisation für Normung) und der ASTM International veröffentlichten Normen hinweisen.

Qualitätssicherung während der Fertigung

Zuverlässige Anbieter prüfen die Komponenten während der gesamten Produktion. Der Hersteller muss bei der Fertigung die Best Practices einhalten und anschließend muss noch einmal geprüft werden, dass in Sachen Qualität keine Kompromisse gemacht wurden. Die gefertigten Komponenten sollten keine sichtbaren Mängel oder Defekte aufweisen, die zu einem vorzeitigen Ausfall führen können. Sie sollten außerdem auf Dichtheit geprüft werden, um die Sicherheit der Bediener zu gewährleisten und die Fertigungskosten zu reduzieren.

Anbieter mit Expertise in Werkstoffwissenschaften

Wenn sowohl die Werkstoffe als auch die Komponenten den Branchenstandards für Fertigung und Auslegung entsprechen, sollte im nächsten Schritt geprüft werden, ob sich die Komponenten für die spezifische Anwendung eignen. Hierfür ist ein umfassendes Verständnis der spezifischen Betriebsbedingungen erforderlich. Ein zuverlässiger Anbieter mit Expertise in Werkstoffwissenschaften kann im Auslegungsprozess bei der Auswahl der passenden Komponenten unterstützen.

Werkstoffe mit einer höheren Festigkeit

Hervorragende Korrosionsbeständigkeit durch die Auswahl geeigneter Werkstoffe
Die Auslegung von korrosionsbeständigen industriellen Fluidsystemen beginnt mit der Werkstoffauswahl.

Vor dem Einsatz in spezifischen Anwendungen müssen die mechanischen Eigenschaften von Komponenten zunächst gründlich unter die Lupe genommen werden. Die Zug- und Dehnfestigkeit spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Je höher die Qualität der bei der Komponentenfertigung eingesetzten Werkstoffe, desto besser die Leistungsfähigkeit – insbesondere bei hohen Drücken.

Sicherstellung der Kompatibilität der Komponenten

Korrosion wirkt sich nicht nur negativ auf die Systemleistung aus, sondern kann auch erhebliche Kosten verursachen. Laut Angaben von NACE International entfallen in der gesamten Öl- und Gasindustrie jährlich Kosten in Höhe von 1,4 Milliarden US-Dollar auf Korrosion. Wenn man die Stellen mit einer hohen Korrosionswahrscheinlichkeit kennt und etwaige Schäden frühzeitig angeht, lassen sich Reparaturkosten langfristig senken. Wenn schon bei der Auslegung auf eine passende Werkstoffauswahl geachtet wurde, hat dies positive Auswirkungen auf die Systemintegrität, die Lebensdauer der Komponenten, die Leistungsfähigkeit sowie die Sicherheit insgesamt.

Mit diesen Schritten lässt sich das Korrosionsrisiko in Anwendungen auf ein Minimum reduzieren:

  • Ermittlung der Korrosionsarten – wie sieht die Korrosion aus, wo tritt sie auf und was sind die Ursachen
  • Auswahl korrosionsbeständiger Werkstoffe
  • Reduzierung der Anzahl an korrosionsanfälligen Stellen und Verringerung der Kontakte mit inkompatiblen Metallen
  • Spezifikation aller verbauten Komponenten, von den Halterungen über die Klemmen bis hin zu den Rohren, um Korrosionsrisiken zu minimieren

Fazit

Auf Offshore-Plattformen in der Öl- und Gasindustrie sollten stets hochwertige Werkstoffe zum Einsatz kommen, die für die jeweilige Anwendung geeignet und korrosionsbeständig sind. Hier empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit Anbietern, die Services und Support über den gesamten Lebenszyklus des Systems bieten. Nicht alle Anbieter verfügen über die notwendige Expertise, um Empfehlungen für die am besten geeigneten Komponenten für eine bestimmte Anwendung abgeben zu können.
Lieferanten mit hoch qualifizierten Experten bieten Schulungen zu Fluidsystemen mit besonderem Fokus auf Werkstoffwissenschaften und Metallurgie. Dieses Fachwissen kann bei der Auslegung eine große Hilfe sein, um sicherzustellen, dass die industriellen Fluidsysteme selbst den anspruchsvollsten Umgebungsbedingungen standhalten.

Sonja Wingels
Sonja ist Redakteurin bei der Edelstahl Aktuell. Nach ihrem Studium der Psychologie an der HHU in Düsseldorf und selbstständiger Arbeit als Content Creator nutzt sie nun diese Erfahrungen, um zum Erfolg der Zeitung beizutragen und ihr Fachwissen in der Edelstahlbranche zu vertiefen.

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Sonja Wingels
Sonja ist Redakteurin bei der Edelstahl Aktuell. Nach ihrem Studium der Psychologie an der HHU in Düsseldorf und selbstständiger Arbeit als Content Creator nutzt sie nun diese Erfahrungen, um zum Erfolg der Zeitung beizutragen und ihr Fachwissen in der Edelstahlbranche zu vertiefen.