Die Brennkammer aus Edelstahl wurde von ArianeGroup im Rahmen des ESA-Vorbereitungsprogramms „Future Launchers“ entwickelt. Sie hilft dabei, Strömungs- und Wärmeübertragungsphänomene auf durch 3D-Druck erzeugten Oberflächen zu untersuchen. Dazu wird der Kühlmechanismus über einen Adapter zwischen der Brennkammer und dem Injektorkopf von der Treibmittelzuführung abgelenkt. Dadurch können Ingenieure das Kühlsystem unabhängig vom Verbrennungsprozess flexibler untersuchen, um die thermodynamischen und fluiddynamischen Eigenschaften der additiv hergestellten Strukturen und Oberflächen zu untersuchen. Für die Testläufe im Prüfstand werden daher kryogene Treibstoffe verwendet. „Dieser Hot-Fire-Test ist eine Möglichkeit, die Wirksamkeit unserer Prozesse zu demonstrieren und mehr über die Strömungsphänomene in additiv hergestellten Raketentriebwerken zu erfahren”, sagte Wenzel Schoroth, Antriebstechniker bei der ESA.
Additive Fertigung
Für einen Referenzschub von 2,45 Kilonewton ausgelegt, konnte BERTA nun für 560 Sekunden getestet werden. Entwickelt wurde das Triebwerk im Rahmen der Forschungen für zukünftige europäische Trägersysteme (Future Launcher Preparatory Programme/FLPP) der ESA. Deutschland ist seit Jahren größter Beitragszahler im FLPP-Kernprogramm. Das DLR Raumfahrtmanagement steuert die Verwendung der Mittel innerhalb von FLPP und berät die ESA bei der Durchführung einzelner Projekte. Die Erkenntnisse aus dieser Testkampagne werden auf zukünftige Motorkonzepte angewendet, um einen Schubbereich von etwa 2–10 kN zu erreichen. Triebwerke dieser Art können sehr zuverlässig und mehrfach gezündet werden und eignen sich somit für längere Missionen, wie zum Beispiel In-Orbit-Transportanwendungen (Kickstages und Raumschlepper), Mikrolaunchers, und Erkundungsraumfahrzeuge wie zum Beispiel Mondlander.
Die Schubkammer des Triebwerks ist für lagerfähige Treibstoffe ausgelegt, die als Flüssigkeiten bei Raumtemperatur gelagert werden können. Weitere Aktivitäten konzentrieren sich auf den Einsatz von umweltfreundlichen grünen Treibmitteln für einen größeren Motor mit einem Schub von 5 kN. Darüber hinaus entwickelt die ESA eine Technologie für die additive Fertigung für größere Motordemonstratoren mit kryogenen Treibmitteln wie zum Beispiel Prometheus und ETID.
Neue Technologie
Die Testkampagne dauert vier Wochen, die Ergebnisse werden dann auch in weitere aktuelle Entwicklungsvorhaben der ESA einfließen. So sollen 3D-Druckverfahren für Weiterentwicklungen der Ariane-6-Triebwerke Vinci und Vulcain eingesetzt werden.
Die zukünftige europäische Trägerrakete Ariane 6 soll 2020 zum ersten Mal ins All starten. Um alle Nutzlasten sicher auf ihre Umlaufbahnen zu bringen, müssen zuvor die Triebwerke für den neuen Träger ausführlich getestet werden. Für den Test der Oberstufe der neuen Trägerrakete ist am 26. Februar 2019 ein zentraler Schritt erfolgt: Ebenfalls in Lampoldshausen wurde der neue Prüfstand P5.2 eröffnet. Mit diesem Prüfstand können in Zukunft kryogene Oberstufen unter Bodenbedingungen getestet werden. Die Besonderheit des Prüfstands liegt darin, dass nicht nur Triebwerke oder deren Komponenten sondern die komplette kryogene Oberstufe, das sogenannte „Upper Liquid Propulsion Module“ (ULPM), der europäischen Trägerrakete Ariane 6 getestet werden kann.
„Der neue Prüfstand ist eines der größten Projekte in der Geschichte des DLR-Standorts in Lampoldshausen und europaweit einzigartig. Er ist unsere Antwort auf die neuen Anforderungen im weltweiten Raumtransport: anpassungsfähig in kurzer Zeit, flexibel im Einsatz und kosteneffizient. Dieser Prüfstand spiegelt die strategische und wirtschaftliche Bedeutung des europäischen Raumtransports wider und trägt maßgeblich zum Erhalt eines sicheren, wettbewerbsfähigen und unabhängigen Zugangs zum All bei“, sagte der DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Pascale Ehrenfreund.