„Die ResponsibleSteel-Zertifizierung ist eine Investition in die Zukunft“

Fotos: COGNE Edelstahl GmbH

 

Verantwortungsvolles Handeln wird in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger. Der gesellschaftliche Druck auf Unternehmen, einen Beitrag zur Ressourcenschonung und CO2-Reduktion zu leisten, ist hoch. Wer nicht mitzieht, läuft zudem Gefahr, nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein. Zertifikate sind eine gute Möglichkeit, nachhaltiges Unternehmertum zu bescheinigen – vor dem Hintergrund, dass transparent wird, welche Kriterien ein Unternehmen im Sinne des Umweltschutzes erfüllt. Mit einer ResponsibleSteel™-Zertifizierung können Unternehmen der Stahlindustrie ihr Engagement für internationale Nachhaltigkeitsziele von der Rohstoffbeschaffung über die Produktion bis hin zum Endkunden nachweisen. Um dieses Zertifikat zu erlangen, hat die COGNE Acciai Speciali Spa einen externen Auditor beauftragt.

Interview mit Stefan Lölling, Walzdraht- und Halbzeugexperte bei COGNE Edelstahl

„Die ResponsibleSteel-Zertifizierung ist eine Investition in die Zukunft“
Stefan Lölling ist Walzdraht- und Halbzeugexperte bei COGNE Edelstahl und sieht großes Potenzial in der ResponsibleSteel-Zertifizierung.
Redaktion: In welchem Stadium der Auditierung befindet sich COGNE derzeit?

Wir befinden uns noch ganz am Anfang der Auditierung und haben gerade das erste Jahr abgeschlossen. Je nach Art des Produktionsbetriebes dauert die Auditierung zwischen drei und fünf Jahren. Der externe Auditor gibt dabei Vorgaben, die in Schritten abgearbeitet werden müssen. Werden diese nicht erfolgreich umgesetzt, müssen wir nachbessern. Grundsätzlich können wir erst in die nächste Phase übergehen, wenn alle geforderten Vorgaben einer Phase erfüllt sind. Wie lange der Prozess in unserem Fall dauern wird, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehen.

Redaktion: Warum hat sich COGNE für diese Zertifizierung und für ein externes Audit entschieden?

Die externe Auditierung garantiert, dass mit dieser Zertifizierung kein „Greenwashing“ betrieben wird. Kunden, die nach einer erfolgreichen Green-Steel-Zertifizierung Stahl von uns beziehen, können sicher sein, dass dieser für eine nachhaltige Philosophie steht. Durch diese Art der Zertifizierung kommen wir den steigenden Anforderungen unserer Kunden entgegen. Einige der Branchen, die wir hauptsächlich beliefern, wie zum Beispiel die Luft- und Raumfahrtindustrie, werden diese Zertifizierung in Zukunft verlangen. Darüber hinaus differenzieren wir uns von asiatischen Herstellern, indem wir mit unserem Nachhaltigkeitsanspruch einen klaren Mehrwert bieten.

Diese werden aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren nicht in der Lage sein, die Green-Steel-Anforderungen zu erfüllen. Für uns ist die Zertifizierung daher eine Investition in die Zukunft – nicht nur in die Wirtschaftlichkeit unseres Unternehmens, sondern auch in die Qualität unseres Lebensraumes.

Redaktion: Wie stellt COGNE die Nachhaltigkeit seiner Rohstoffe und Lieferanten sicher? 

COGNE arbeitet nach strengen internen und externen Compliance-Regeln in der Lieferkette. Schließlich können wir selbst keinen grünen Stahl produzieren, wenn unsere Lieferanten nicht dieselben Richtlinien einhalten. Metalle, die nicht nachhaltig abgebaut werden, sind nicht für Produkte geeignet, die mit dem Green-Steel-Zertifikat verkauft werden. Aber auch für unsere Produkte ohne Green-Steel-Zertifizierung gilt:  Alle Lieferanten müssen uns gegenüber nachweisen, dass unsere bisher selbst definierten Standards zu Arbeitsschutz, Umweltaspekten, Equal Pay und Kinderarbeit eingehalten werden. Eines der Ziele unseres jährlich erscheinenden Nachhaltigkeitsberichts ist es, nicht nur unsere eigenen Emissionen zu reduzieren, sondern auch die entlang der Lieferkette. Das fängt bei Betriebsstoffen wie Ölen und Fetten an und geht über die für die Stahlproduktion notwendigen Rohstoffe wie Nickel und Chrom bis hin zu Energieträgern, die zunehmend regenerativen Ursprungs sind.

Redaktion: Welche Kriterien muss COGNE erfüllen, um die Zertifizierung zu erhalten?

Hinter der Auditierung steht eine hohe Investitionssumme, die sich weltweit vermutlich auf einen zweistelligen Millionenbetrag belaufen wird. Die Kriterien, die wir erfüllen müssen, ziehen sich durch alle Bereiche unseres Unternehmensalltags. Das fängt bei der Mülltrennung in den Büros an und geht über Elektroautos für den innerbetrieblichen Werksverkehr bis hin zu elektrisch betriebenen Firmenwagen, die sukzessive ausgetauscht werden. In unserem Hauptwerk in Italien wurden beispielsweise inzwischen über 5.000 Leuchtmittel auf LED-Technik umgerüstet.

Die ResponsibleSteel-Zertifizierung ist eine Investition in die Zukunft
Das Gebäude der Cogne Edelstahl GmbH.

Weitere Investitionen betreffen Filter- und Abgasanlagen, die zum Teil bereits erneuert wurden. Auch der Lärmschutz ist Teil des Investitionsplans. Da die Lärmbelastung im Stahlwerk nicht unerheblich ist, wir auch nachts produzieren und viele Standorte von COGNE in Ballungsgebieten liegen, wurde unter anderem eine Lärmschutzeinhausung um die Primärschmelze errichtet. Zukünftige Investitionen wollen wir auf die Umstellung von fossilem Gas auf Wasserstoff konzentrieren. Heute ist die Technik noch nicht so weit, aber in fünf Jahren wird das sicher anders sein. Wenn wir von fossilem Gas auf Wasserstoff umsteigen, können wir unsere CO2-Emissionen wahrscheinlich auf einen Schlag halbieren.

Redaktion: Welche Herausforderungen sieht COGNE bei der Auditierung?

Die größte Herausforderung ist sicherlich das hohe Investitionsvolumen, das wir zusätzlich zu den Investitionen in den laufenden Betrieb aufbringen. Das ist einer der Gründe, warum sich die Auditierung über mehrere Jahre erstreckt. Hinzu kommt, dass wir in den nächsten Jahren einen hohen technischen Aufwand betreiben müssen, um unter anderem unsere Maschinen auf den neuesten Stand zu bringen. Solche großen Veränderungen erfordern auch eine offene und zielgerichtete Einstellung. Damit bei COGNE alle an einem Strang ziehen, haben wir Schulungen und Weiterbildungen für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geplant. Nicht zuletzt stellt der fehlende technologische Fortschritt eine Herausforderung für unsere Zukunftspläne dar. Solange die Technik noch nicht so weit ist, um beispielsweise von Gas auf Wasserstoff umzustellen, können wir einige wichtige Investitionen auf unserer Agenda noch nicht tätigen.

Sonja Wingels
Sonja ist Redakteurin bei der Edelstahl Aktuell. Nach ihrem Studium der Psychologie an der HHU in Düsseldorf und selbstständiger Arbeit als Content Creator nutzt sie nun diese Erfahrungen, um zum Erfolg der Zeitung beizutragen und ihr Fachwissen in der Edelstahlbranche zu vertiefen.

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Sonja Wingels
Sonja ist Redakteurin bei der Edelstahl Aktuell. Nach ihrem Studium der Psychologie an der HHU in Düsseldorf und selbstständiger Arbeit als Content Creator nutzt sie nun diese Erfahrungen, um zum Erfolg der Zeitung beizutragen und ihr Fachwissen in der Edelstahlbranche zu vertiefen.