Foto: HW-Inox
Vom Umzug in ein neues Lager über die digitale Transformation bis hin zu nachhaltigen Projekten: Paul Singelyn spricht über Herausforderungen, Chancen und die Faszination Edelstahl.
Im Porträt: Paul Singelyn, Stellvertretender Geschäftsführer bei HW-Inox GmbH, Lieferant für warmgewalzte rostfreie Bleche

EA: Wie sind Sie in die Edelstahlbranche gelangt?
PS: Mein erster Job war in einem Stahlwerk in Belgien, wo ich für feuerfeste Materialien verantwortlich war. Stahl hat mich schon immer fasziniert – auch weil mein Vater bereits für ein amerikanisches Unternehmen im Bereich Spezialstähle tätig war. 2006 begann ich bei einem französischen Blechhersteller, wo ich den Vertrieb von rostfreiem Stahl organisierte. Seitdem bin ich dieser Branche treu geblieben.
EA: Was macht für Sie die Faszination von Edelstahl aus?
PS: Edelstahl ist kein inertes Material. So wie ein Mensch eine DNA hat, ermöglicht seine chemische Zusammensetzung, dass er während seiner gesamten Lebensdauer seine Eigenschaften wiederherstellt. Selbst unter extremen Verschleißbedingungen reagiert Edelstahl, indem er seine „Haut“ neu bildet. Das gibt ihm so etwas wie Lebenskraft.
EA: Was ist heute Ihre Aufgabe?
PS: 2024 habe ich die Investitionen in neue Lager- und Produktionshallen vorbereitet. Der Umzug erfolgte Ende des Jahres, seit dem 1. Januar 2025 arbeiten wir nun in den neuen Hallen – mit mehr Platz, besserer Logistik und verbesserten Arbeitsbedingungen.
In diesem Jahr konzentriere ich mich auf zwei zentrale Projekte für die Weiterentwicklung von HW Inox: die Installation einer Laserschneidemaschine, die im September in Betrieb genommen
wurde, sowie den Wechsel unseres ERP-Systems zu einer modernen Lösung, die uns eine weitergehende Digitalisierung ermöglicht. Der Start ist für den 1. Januar 2026 vorgesehen, und wir liegen im Zeitplan. Danach wollen wir mit Unterstützung junger IT-Talente unsere Prozesse noch stärker digitalisieren und dadurch effizienter machen.
EA: Wo sehen Sie die größte Herausforderung in Ihrem Bereich?
PS: Die instabile internationale Lage erschwert es unseren Kunden, Investitionsentscheidungen zu treffen – das wirkt sich auch auf die Rohstoffpreise aus. Zudem sind die Produktionskapazitäten derzeit höher als die Nachfrage. Trotzdem haben wir in Europa den Vorteil, dass unsere Kunden weiterhin Investitionsgüter für den internationalen wie auch für den lokalen Markt anbieten. Sobald sich die Lage beruhigt, erwarten wir eine steigende Nachfrage. Um darauf vorbereitet zu sein, ist es entscheidend, zu den leistungsfähigsten Lagerhaltern der Branche zu gehören.
Eine weitere große Herausforderung ist die Suche nach qualifiziertem Personal. Unsere Leute machen bei Social-Media-Aktionen mit Spaß mit – das ist nicht selbstverständlich. Aber es hilft uns, neue Talente zu gewinnen. Es kommt authentisch rüber, und genau das brauchen wir.
EA: Wo sehen Sie die größten Veränderungen der Branche in den vergangenen Jahren – und künftig?
PS: Wenn ein Projekt beschlossen ist, soll die Umsetzung oft in sehr kurzer Zeit erfolgen. Damit reicht die Produktionszeit für Edelstahl vielfach nicht mehr aus. Deshalb wird die Lagerung einer großen Bandbreite an Abmessungen und Qualitäten immer wichtiger, auch auf Kosten von projektspezifischen Fertigungsaufträgen. Selbst bei größeren Mengen greifen Kunden zunehmend auf Lagerhalter zurück, statt direkt beim Hersteller zu bestellen – ein Trend, der sich in den letzten Jahren deutlich verstärkt hat.
Ein Vorteil für unsere Kunden ist zudem, dass wir Produkte verschiedener Hersteller kombinieren können. So bündeln wir deren Stärken, während die Kunden nur einen Ansprechpartner haben.
EA: Welche Anwendungen Ihrer Edelstahlbleche finden Sie besonders spannend?
PS: Es ist immer wieder erstaunlich, was sich aus einem „einfachen“ Blech formen lässt: etwa gewölbte Böden für Druckbehälter oder Rohre. Auch die Weiterentwicklung der Schneidtechnologien begeistert mich – heute können wir selbst dickere Bleche mit Lasern in höchster Qualität und beeindruckender Geschwindigkeit bearbeiten.
EA: Welche Ziele wollen Sie beruflich noch erreichen?
PS: Neben der digitalen Transformation wird die effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen ein zentrales Thema sein. Wir sind eine Industrie, ganz ohne Energieverbrauch geht es nicht. Aber wir versuchen, umweltfreundlicher zu werden. Wir wollen die Wiederverwertung und Abfalltrennung verbessern, Wasser sparsamer einsetzen und Elektromobilität fördern. Ein Beispiel ist der Ersatz unserer Verbrennungs- durch Elektrostapler. Auch die neue Laseranlage trägt dazu bei, den Stromverbrauch zu senken.
EA: Wofür „brennen“ Sie?
PS: Mich treibt an, Prozesse effizienter zu gestalten. Ich habe Freude daran, Abläufe zu analysieren und Lösungen zu entwickeln, die Zeit und Kosten sparen. Das fühlt sich für mich an wie ein kleines Puzzle, das am Ende perfekt passt.
EA: Wobei können Sie am besten abschalten und entspannen?
PS: Am liebsten verbringe ich Zeit mit meiner Familie. Meine beiden Kinder sind inzwischen Teenager. Für mich ist es das Schönste, auf unserem alten Bauernhof mit meiner Frau und den Kindern zur Ruhe zu kommen.
Über den Artikel der Woche
Jede Woche beleuchten wir im Artikel der Woche ein spannendes Thema für die Edelstahlbranche. Weitere Artikel finden Sie auch in unserer Zeitschrift Edelstahl Aktuell. Um diese und viele weitere Artikel (fast) monatlich zu lesen, abonnieren Sie unsere Zeitschrift (erhältlich in Print und digital).
Möchten Sie als Autor mitwirken? Bitte kontaktieren Sie Sonja Wingels.
Jede Woche teilen wir einen neuen Artikel mit unserer Edelstahl Community. Machen Sie mit und lassen Sie uns Ihren Artikel auf Edelstahl Aktuell online und in gedruckter Form veröffentlichen.