Nennenswertes Reduktionspotenzial bei reFuels

Foto: KIT |Markus Breig und Amadeus Bramsiepe

Das Projekt „reFuels – Kraftstoffe neu denken“ am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat gezeigt, dass reFuels für den breiten Einsatz geeignet seien. So zeigten aktuelle Praxistests positive Ergebnisse bei Schadstoffemissionen, wie das Institut in einer Pressemitteilung bekanntgab.

reFuels umfassen erneuerbare Kraftstoffe unterschiedlicher Herstellungsart. Werden diese so gemischt und aufbereitet, dass sie die bestehenden Kraftstoffnormen erfüllen, können damit alle verbrennungsmotorischen Anwendungen bedient werden. Dies zeigten aktuelle Fahrzeug- und Flottentests.

„Flüssige Kraftstoffe werden im Mobilitäts-Mix noch länger erforderlich sein, etwa im Bereich des Langstrecken-Schwerlastverkehrs, der Schiff- und Luftfahrt, aber auch in der Bestandsflotte der Pkw“, so Dr. Uwe Wagner vom Institut für Kolbenmaschinen (IFKM) des KIT. Synthetische Kraftstoffe könnten hier eine ergänzende Lösungsmöglichkeit zur Defossilisierung des Verkehrs bieten. Voraussetzung: eine nachhaltige Erzeugung und schnelle Verfügbarkeit.

Laut KIT gibt es für alle Arten heute üblicher Kraftstoffe etablierte und neue Prozesse, die den jeweiligen Kraftstoff liefern. Die derzeit erprobten reFuels-Kraftstoffgemische ermöglichten bereits jetzt eine mindestens 25-prozentige CO2-Reduktion im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen. Dies konnte im Projekt reFuels gezeigt werden.

Praxistests

Das Projektteam am IFKM untersuchte mittels RDE (Real Driving Emissions) -Fahrten in Karlsuhe und Umgebung, wie sich reFuels im realen Fahrbetrieb verhalten. Verwendet wurden das kommerziell erhältliche R33 und das am KIT synthetisierte G40. Die befahrenen Streckenabschnitte der Tests sowohl in der Stadt, auf der Landstraße als auch auf der Autobahn entsprechen den aktuellen gesetzlichen Vorgaben zur Zertifizierung von Neufahrzeugen.

Vier verschiedene Pkw wurden mit einem mobilen Emissionsmessgerät ausgestattet. Dieses Gerät, welches auch im europäischen Forschungsprojekt MetroPEMS genutzt wird, misst Stickoxid-, Partikel- und CO2-Emissionen während der Fahrt. Zusätzlich wurden Flottentests mit sechs Lkw durchgeführt. Diese haben mit dem Kraftstoff C.A.R.E Diesel® aus 100 Prozent kommerziell verfügbarem HVO über 350.000 Kilometer zurückgelegt.

Für weitere Tests sei eine Ausweitung der Flotte und eine Verlängerung des Dauereinsatzes bis 2024 geplant.

Umweltbilanzierung

Die regenerativen Kraftstoffe wurden einer Umweltbilanzierung unterzogen. Dazu wurden alle wesentlichen Energie- und Stoffströme im Zusammenhang mit der Bereitstellungs- und Nutzungskette der reFuels und ihrer fossilen Gegenstücke erfasst und ausgewertet, denn das Projekt umfasst die gesamte Wertschöpfungskette vom Energieversorger und der Kraftstoffsynthese über Lieferanten und Systementwickler bis hin zu Motoren- und Fahrzeugherstellern.

Die Ergebnisse zeigten ein nennenswertes CO2-Einsparpotenzial der reFuels. Der Strom für die auf Elektrolyse basierenden reFuels müsse zu 100 Prozent regenerativ erzeugt werden. Das für die Synthese notwendige CO2 könne aus der Luft abgeschieden oder aus Abgasströmen von zum Beispiel Biogas- und Kläranlagen oder auch Zementwerken stammen. Auch müssten die Ptx-Anlagen mit ausreichend hohen Volllaststunden betrieben werden können.

reFuel-Herstellung

Mittels unterschiedlicher Prozesse wurden am KIT verschiedene Kraftstoffmischungen aus regenerativ synthetisierten Kraftstoffkomponenten (reFuels) und fossilen Kraftstoffen hergestellt. Nach eigener Aussage erfüllen sie bestehende Normen. Für Dieselkraftstoffe gilt die Norm EN590, für Ottokraftstoffe die EN228. Die Kraftstoffmischungen sind drop-in-fähig, das heißt sie können in bestehenden Kraftstoffmotoren eingesetzt werden.

Für die Herstellung von reFuels verfügt das KIT über zwei Syntheseanlagen: die bioliq®-Anlage und das Energy Lab 2.0. In der bioliq®-Anlage werden biogene Roh- und Reststoffe wie etwa Stroh verarbeitet, um synthetisches Benzin aus Biomasse der zweiten Generation, sogenannte advanced biofuels, zu produzieren. Dabei steht der Begriff zweite Generation für den Einsatz von Synthese Rohstoffen, die nicht mit dem Anbau von Nahrungs- und Futtermitteln auf landwirtschaftlichen Flächen konkurrieren.

Das Energy Lab 2.0 produziert eFuels aus der Elektrolyse von Wasser mithilfe von regenerativ gewonnenem Strom und CO2. Das bei der Verbrennung von eFuels entstehende CO2 wird dadurch kompensiert, dass für ihre Herstellung CO2 aus der Umgebungsluft oder aus biogenen Quellen verwendet wird.

Projekthintergrund

Projektstart für „reFuels – Kraftstoffe neu denken“ war im Januar 2019. Ziel des Projekts der Landesregierung Baden-Württembergs, des KIT und der Industrie sei es, Alternativen zu fossilen Treibstoffen zu etablieren. Hierfür werden Verfahren betrachtet, mit denen Otto- und Dieselkraftstoffe auf Basis erneuerbarer Energien und aus nachhaltig zugänglichen Rohstoffen auch in größerem Maßstab produziert werden können. Untersucht werde, wie sich die regenerativ erzeugten Kraftstoffe auf den Schadstoffausstoß der bestehenden Flotte und auf die Funktion der Fahrzeuge sowie einzelner Komponenten auswirken.

Die Partner in diesem Projekt sind AUDI AG, BorgWarner Inc., Caterpillar Energy Solutions GmbH (MWM), Daimler AG, Eberspächer GmbH & Co. KG, EnBW AG, Freudenberg Sealing Technologies GmbH & Co. KG, Ineratec GmbH, KS Kolbenschmidt GmbH, Mahle GmbH, Mann + Hummel GmbH, Mineralölraffinerie Oberrhein GmbH & Co. KG (MiRO) mit Unterstützung des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV), Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, Robert Bosch GmbH, Rolls-Royce Powersystems AG (MTU). Der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) und der Verband „Zukunft Erdgas“ sind assoziierte Mitglieder.

Catrin Senger
Catrin ist Redakteurin bei Edelstahl Aktuell. Stahl zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Berufsleben. Sie hat eine Ausbildung bei einem Großhändler für Rohr- und Rohrzubehör absolviert und in verschiedenen Funktionen bei einem Hersteller und Lieferanten von Analysegeräten für die Metallindustrie gearbeitet.

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