Seit Beginn des Ukraine-Krieges sind zahlreiche Sanktionen gegen Russland in Kraft. Insbesondere die Maßnahmen für den Finanzsektor haben Auswirkungen auch auf andere Branchen und stellen die Import- und Exportgeschäfte unter neue Bedingungen. Unternehmen, die in geschäftlichen Beziehungen zu russischen Unternehmen stehen, müssen die Vorgaben berücksichtigen, da sonst empfindliche Strafen drohen. Viele Mittelständler werden zum ersten Mal mit umfassenden Prüfpflichten konfrontiert. Grit Bantow, Leiterin Center of Competence bei der Schufa, erklärt im Interview, was Unternehmen jetzt tun müssen.
EA: Die Sanktionen der westlichen Welt gegenüber Russland beeinflussen die Geschäftsverhältnisse zwischen deutschen Unternehmen und ihren russischen Geschäftspartnern. Worauf müssen Unternehmen jetzt achten?
GB: Aus Compliance-Sicht sind Sanktionierungen unbedingt einzuhalten. Das bedeutet, dass Unternehmen sowohl neue sowie bereits bestehende Geschäftsverhältnisse zu russischen Lieferanten und Kunden umfassend prüfen müssen. Neben sanktionierten Unternehmen müssen insbesondere auch spezifisch sanktionierte Personen festgestellt werden. Dabei ist es wichtig in Erfahrung zu bringen, ob eine sanktionierte Person als Nutznießer (sog. wirtschaftlich Berechtigter) hinter einem (Neu-)Kunden steht. Gerade bei verschachtelten Unternehmenskonstruktionen ist das nicht immer sofort erkennbar. Geschäftsverhältnisse mit Unternehmen einzugehen, weil man hinter der Kontaktperson keinen sanktionierten wirtschaftlichen Berechtigten erkennt, wäre ein Fehler, der schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen kann: Die Nichteinhaltung der Sanktionen führt zu Geld- und/oder Freiheitsstrafen.
Neu ist, dass die Sanktionen jetzt Compliance-Vorgaben mit sich bringen, die für viele Unternehmen aus Industrie und Handel bisher nicht verpflichtend waren und auf die sie nicht vorbereitet sind.
EA: Welche neuen Herausforderungen kommen hier auf Verantwortliche zu?
GB: Neu ist, dass die Sanktionen jetzt Compliance-Vorgaben mit sich bringen, die für viele Unternehmen aus Industrie und Handel bisher nicht verpflichtend waren und auf die sie nicht vorbereitet sind. Die Identifizierung des Vertragspartners und Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten ist Bestandteil des Geldwäsche-Präventionsprozesses (sog. KYC – Know your customer) der jedoch in Gänze nicht zwingend für alle Güter- und Dienstleistungsgeschäfte vorgeschrieben ist.
Während zum Beispiel Banken als Verpflichtete des Geldwäschegesetzes schon seit Jahren ihre Geschäftsverbindungen standardmäßig auf die wirtschaftlich berechtigten Personen hinter den Unternehmens-Konten prüfen – also Firmeninhaber, Geschäftsführer oder Vorstände – werden auch diejenigen Unternehmen mit den Vorgaben konfrontiert, die noch keinen KYC-Prozess entwickelt haben. Diese müssen nun hinsichtlich der Sanktionen gegenüber Russland Möglichkeiten finden, Geschäftsbeziehungen schnell, gründlich und rechtskonform zu prüfen.
EA: Wie sehen solche Prüfungen konkret aus?
GB: Der Kreis der Sanktionierten ist groß und es bedarf einer gründlichen, aufwendigen Prüfung, um die rechtlichen Vorgaben einzuhalten: Für neue und bestehende Geschäftsverhältnisse müssen zunächst diejenigen Personen ermittelt werden, die hinter den Geschäftskunden stehen. Daraufhin müssen mehrere hundert nationale und internationale Prüflisten auf mögliche Treffer überprüft werden. Derzeit sollte das täglich für alle bestehenden Geschäftskontakte und natürlich bei jedem Onboarding eines Neukunden erfolgen. Aufgrund der Vielzahl an zu prüfenden öffentlichen Listen (PEP-, Watch- oder Sanktionslisten) ist eine kontinuierliche, manuelle Überprüfung aber nicht mehr machbar. Die Prüflisten müssen darüber hinaus auch aktuell sein.
Die einzig effiziente Möglichkeit liegt in einer automatisierten Vorabprüfung der verschiedenen Listen und einer anschließenden Einzelfallprüfung bei konkreten Verdachtsfällen.
Damit lassen sich die gegenwärtigen Herausforderungen schnell und rechtskonform erfüllen.
Know Your Customer (KYC; deutsch: „Kenne Deinen Kunden“) ist ein Oberbegriff, unter den verschiedene Prüfungen und Prozesse fallen, die im Wesentlichen dazu dienen, die Identität eines Kunden festzustellen. Unternehmen, die nach dem Geldwäschegesetz (GwG) zu entsprechenden Prüfungen verpflichtet sind, müssen zum Beispiel die Identität des Geschäftspartners verifizieren, den oder die wirtschaftlich Berechtigten hinter einer Transaktion identifizieren und ihr Gegenüber gegen PEP- und Sanktionslisten abgleichen. Zu den verpflichteten Unternehmen gehören Banken, aber auch Steuerberater, Immobilienmakler und Händler von Gütern und Waren. Die rechtliche Grundlage für die Sorgfaltspflicht, die eine KYC-Analyse erfordert, ist die 3. EU-Geldwäsche-Richtlinie.
EA: Wie können Unternehmen hier schnell und professionell agieren?
GB: Gerade in kleineren Unternehmen, oder solchen, die bisher nicht zu entsprechenden Prüfungen verpflichtet waren, gibt es in der Regel noch keine entsprechenden Prozesse und Verantwortlichkeiten. Daher ist es in der aktuellen Situation umso wichtiger, dass Lösungen zur KYC-Prüfung nahtlos in bestehende Systeme integriert werden können, intuitiv zu bedienen sind und den Verantwortlichen im Unternehmen Arbeit abnehmen. Die KYCnow-Plattform – eine Lösung der SCHUFA-Tochter ClariLab – und der dahinterliegende SCHUFA-ComplianceService ermöglicht die Prüfung ihrer (Neu-)Kunden und Ermittlung aller Personen, die zum Kreis der wirtschaftlich Berechtigten ihres Geschäftspartners gehören – mit nur einem Klick und weltweit.
Notwendige Informationen über Geschäftskunden, ob SCHUFA-Daten zu Personen oder nationale und internationale Handelsregister-Daten werden in der KYCnow-Anwendung automatisiert eingeholt und in Echtzeit über einen Verflechtungsgraph analysiert. So werden wirtschaftlich Berechtigte zuverlässig ermittelt und auf den aktuellen PEP-, Watch- oder Sanktionslisten geprüft.
Damit lassen sich die gegenwärtigen Herausforderungen schnell und rechtskonform erfüllen.