Foto: Hampus Berndtson
Kødbyen in Kopenhagen, ursprünglich die Heimat der Kopenhagener Fleischindustrie, ist ein Teil des Kopenhagener Stadtteils Vesterbro. Der einst industriell geprägte und düstere Stadtteil hat sich in den vergangenen Jahren zu einem neuen und kreativen Viertel mit Galerien, Nachtleben und Restaurants entwickelt, ohne sein ursprüngliches industrielles Flair zu verlieren. Ein Paradebeispiel ist die Adresse Slagtehusgaden 15. Hier hat die Brauerei ÅBEN im Jahr 2022 eine 1.200 m² große Kombination aus Brauerei, Bar und Restaurant eröffnet, dass den rohen industriellen Look mit der Handwerkskunst des Brauens verbindet: ÅBEN SHG15.
Seit 2017 braut Åben Bier. Angefangen hat alles mit einer Brauerei in Kolding und dem Bier „Bryg 61“, dass nach der Anzahl der Versuche benannt wurde, die nötig waren, um das Rezept genau auf den Punkt zu bringen.
Mittlerweile produziert ÅBEN jeden Monat zwei bis drei neue Biere, was zu einem Brauarchiv von mehr als 100 Bieren geführt hat. Das Angebot reicht von IPAs über Imperial Stouts bis zu einer Auswahl von sauren Bieren. Die Brauerei in Kolding wurde im Laufe der Jahre schrittweise ausgebaut, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Heute kann ÅBEN hier etwa 150.000 Liter Bier jährlich brauen. Die Brauerei umfasst sechs 26-Hektoliter-Gärbehälter und ein Sudhaus mit sieben Hektolitern Fassungsvermögen. Das reichte jedoch nicht mehr aus, um die stetig wachsende Nachfrage zu decken.
Mit der Umwandlung des ehemaligen Schlachthofs in Kødbyen in eine erlebnisorientierte Brauerei mit Bar und Restaurant konnte das Unternehmen seine Braukapazität verzehnfachen. Denn die Brauerei in Kopenhagen besteht aus fünf vollautomatischen Sudhäusern à 20 Hektoliter (gleich 2.000 Liter), die eine Ausstoßleistung von 11 Suden pro Tag und rund 3,6 Millionen Liter Würze pro Jahr ermöglichen. Hier findet nun ein Großteil der täglichen Produktion statt, während die Brauerei in Kolding hauptsächlich für Spezialsorten und fassgereifte Biere genutzt wird.
Geliefert wurden die Anlagen von der Firma BrauKon. Das Unternehmen aus Seeon im Chiemgau liefert weltweit schlüsselfertige Anlagen für die Brau- und Getränkeindustrie. Das Unternehmen hat sich laut Unternehmensinformation auf mittelständische Brauereien spezialisiert. Der Keller, in dem das Bier gärt und gelagert wird, verfügt über
- 4 x 20 hl zylindrokonische Gärbehälter (8.000 Liter insgesamt)
- 4 x 40 hl zylindrokonische Gärbottiche (16.000 Liter insgesamt)
- 4 x 80 hl zylindrokonische Gärbottiche (32.000 Liter insgesamt)
- 2 x 80 hl BBTs (Bright Beer Tanks; auch „The Twins“ genannt – insgesamt 16.000 Liter)
- 14 x 10 hl BBTs (14.000 Liter insgesamt)
Frischer geht´s nicht
Im Sommer 2022 wurde das Sudhaus erprobt und getestet, so dass im August 2022 die volle Funktionsfähigkeit bekanntgegeben werden konnte. Am 25. November 2022 wurde die ÅBEN Brewery, Tank Bar & Restaurant mit einer großen Feier und Freibier eröffnet. Die Tankbar verfügt über 16 Zapfhähne. Das Bier fließt direkt von der Brauerei in die 14 Tanks, die unter der Decke hängen und von dort in die Gläser der Besucher, die zwischen und unter den großen Bierkesseln sitzen.
Hinter dem Bau des ÅBEN SHG15 steht das Architekturbüro pihlmann architects. Sie haben die Anforderung umgesetzt, den ursprünglichen Charakter des Gebäudes zu erhalten und Gästen trotzdem einen Raum für Privatsphäre zu schaffen.
Ihr Anspruch: Nicht die industrielle Ästhetik zu romantisieren, sondern die architektonische Bedeutung des Ortes hervorzuheben und gleichzeitig die Produktionsabläufe der Brauerei zu rationalisieren.
Eine weitere Herausforderung lag sicherlich auch darin, dass der Meatpacking District von Kopenhagen als eines von 25 dänischen Industriedenkmälern ausgewiesen ist und somit unter besonderem Schutz steht. Dies bezieht sich sowohl auf das Äußere als auch das Innere der Gebäude in diesem Stadtteil.
Schlachthausatmosphäre
Viele der ursprünglichen Merkmale des Schlachthofs wurden erhalten und restauriert, um den Stil zu bewahren und weiterleben zu lassen. Der rote Boden erinnert ebenso an die Vergangenheit als Schlachtraum wie die weißen Fliesen an den Wänden. Ursprünglich diente der Ort als Kühlhalle, in dem 980 Schlachtkörper 12 Stunden an einem robusten Hängesystem hingen, bis die Wärme ihren Körper verlassen hat. Die Schienen sind auch heute noch vorhanden, Tierkörper jedoch hängen nicht mehr von der Decke. Sie sind, wie es pihlmann architects in der Projektbeschreibung skizziert „durch Stahlbehälter ersetzt worden, die durch Kilometer freiliegender Rohre verbunden sind.“
Die Gärtanks wurden innerhalb des bestehenden Rasters aus Metzgereischienen aufgehängt und tragen so dazu bei, kleinere Räume entstehen zu lassen.
Teils werden die Räumlichkeiten auch durch halbtransparente Vorhänge getrennt, die geradezu an ähnliche Vorhänge, wie sie in Schlachthöfen gebräuchlich waren, erinnern. Über den Köpfen der Gäste hängen unter der Decke die Schanktanks. Das gesamte Interieur wirkt auf den Bildern recht kühl, denn auch beim weiteren Mobiliar wurde auf Schnörkellosigkeit und Beibehaltung des industriellen Ambientes geachtet. Auch das Design der zentral gelegenen und offenen Küche des Restaurants ist ganz auf die industrielle Ästhetik ausgelegt.
Nebenbei bemerkt: Der Name ÅBEN leitet sich von dem dänischen Wort für „offen sein“ ab. Mit dem ÅBEN SHG15 öffnet sich auch der Prozess des Bierbrauens für die Besucher an der Slagtehusgaden 15 in Kopenhagen.
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