Über eine Milliarde auf Mikrofilm kopierte Unikate (Stand 2017) harren heute schon auf ihre Wiederentdeckung in ferner Zukunft, jedes Jahr kommen 1,5 Millionen weitere hinzu. Anders als im Märchen sind sie jedoch nicht auf Rosen gebettet, sondern 400 Meter unter der Erde im sogenannten Zentralen Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland, dem Barbarastollen bei Freiburg im Breisgau. Dabei vertrauen die Hüter der Erinnerung auf Spezialfässer aus Edelstahl Rostfrei, die das kulturelle Vermächtnis für die Nachwelt verwahren.

Märchenhaft mutet die Lage des zentralen Langzeitarchivs der Nation durchaus an: ein alter Bergwerksstollen in Oberried, einer idyllischen Gemeinde im Schwarzwald mit 2.800 Einwohnern, aus dem einst abgebautes Silbererz nach draußen geschafft werden sollte. Das seit 1954 stillgelegte Silberbergwerk im 1.284 Meter hohen Schauinsland wirkt wie gemacht für die Ewigkeit. Der 1907 angelegte, aber nie benutzte Barbarastollen führt 680 Meter tief in das aus Granit und Gneis bestehende Massiv und gilt mit einer Überdeckung von mehr als 200 Metern im Bereich des Lagers als einsturzsicher. Zudem prädestiniert ihn seine Lage abseits von strategisch wichtigen Ballungs- oder Industrieregionen als idealen Ort, um Dokumente von hoher nationaler und kulturhistorischer Bedeutung zuverlässig vor Zerstörung durch Krieg, Feuer oder Naturkatastrophen zu schützen. So dient er seit 1975 der Bundesrepublik als zentrales Archiv, das Dokumente aus mehr als 1.400 Jahren Geschichte mindestens 500 Jahre lang für die Nachwelt sichert. Dort sind unter anderem die Krönungsurkunde von Otto dem Großen, der Westfälische Friedensvertrag, Handschriften von Goethe, Partituren von Bach oder die Originalausgabe des Grundgesetztes der Bundesrepublik Deutschland auf Mikrofilm kopiert. Seit 1978 ist der Zentrale Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland, wie der Stollen offiziell heißt, von der UNESCO in dem Internationalen Register der Objekte mit Sonderschutz eingetragen. Dadurch hat er die höchste Sicherheitsstufe, die durch drei Schilder mit dem blau-weißen Kulturgut-Schutzzeichen am Stolleneingang angezeigt wird. Außer dem Barbarastollen sind nur der Vatikan und das Reichsmuseum in Amsterdam als so schützenswert eingestuft. Bis zum Fall der Mauer war sein Standort deshalb eines der bestgehüteten Geheimnisse.

Schlummerplatz im Edelstahlfass

Das Speichermedium aus 35 Millimeter breitem Polyesterfilm ist nach Ansicht der Experten jedem anderen in puncto Haltbarkeit und Lesbarkeit in ferner Zukunft überlegen. Sogar 1.500 Jahre soll das schimmelsichere Material ohne Informationsverlust halten – und auch nach dieser Zeit nur mit Licht und Lupe lesbar sein. Dafür werden die Höhlenzeichnungen der Neuzeit seit Anfang der 1960er-Jahre auf Großrollen von jeweils 1.320 Metern Länge zusammengeschweißt. Jeder Meter Film enthält im Schnitt 33 Aufnahmen. Immer 16 dieser Großrollen werden übereinander in das Unterteil eines Edelstahlbehälters gepackt. Als Werkstoff für die Behälter wurde 1.4301 gewählt, ein austenitischer Chrom-Nickel-Stahl mit hoher Beständigkeit gegen die im Stollen herrschende Luftfeuchtigkeit. Um seine Korrosionsbeständigkeit noch weiter zu erhöhen, wird er elektropoliert. Die 78 Zentimeter hohen Edelstahlbehälter mit einem Durchmesser von 43 Zentimetern nehmen 21.120 Meter Mikrofilm auf. 122 Kilogramm bringt jeder dieser geballten Erinnerungsträger auf die Waage, mehr als ein Drittel davon wiegt der Edelstahl. Inzwischen lagern über 31.347 (2016) Kilometer Mikrofilm in mehr als 1.500 dieser luftdicht verschlossenen Edelstahlfässer im Barbarastollen. Jedes Jahr kommen gut zwei Dutzend hinzu. In zwei jeweils 50 Meter langen Lagerstollen, die ziemlich genau in der Mitte des Hauptstollens abgehen und durch Drucktüren von ihm getrennt sind, stehen sie dicht an dicht in doppelstöckigen Regalen. Mindestens 1.000 weitere Behälter aus Edelstahl Rostfrei finden hier noch Platz. Wenn auch diese Kapazität erschöpft ist, bietet der Barbarastollen aber noch ausreichend Möglichkeit, weitere Lagerstollen als Schlummerplatz für deutsches Geschichts- und Kulturgut anzulegen. Gebettet in glänzendem Edelstahl Rostfrei mit Qualitätssiegel werden diese Schätze es auch in 500 Jahren nichts von ihrer Faszination verloren haben.

Vorheriger Artikelwire 2018 und Tube 2018 – Rekordergebnis
Nächster ArtikelPräzisionswerkzeuge: Zufrieden mit Entwicklung 2017
Catrin Senger
Catrin ist Redakteurin bei Edelstahl Aktuell. Stahl zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Berufsleben. Sie hat eine Ausbildung bei einem Großhändler für Rohr- und Rohrzubehör absolviert und in verschiedenen Funktionen bei einem Hersteller und Lieferanten von Analysegeräten für die Metallindustrie gearbeitet.