Im Porträt: Frank Poschen und Alexander Mertens, Geschäftsführer von Schoeller Werk

Stolz ein Teil der Familie zu sein

Vor Kurzem hat Schoeller Werk sein Managementteam neu aufgestellt. Im Gespräch mit Edelstahl Aktuell werden schnell Gemeinsamkeiten deutlich: Frank Poschen und Alexander Mertens sind beide durch familiäre Verbindungen zu Schoeller gelangt. Neben der Flutkatastrophe im Jahr 2021 mussten und müssen weitere Herausforderungen bewältigt werden – die beiden Geschäftsführer geben Einblicke und erzählen über Heimat und Leidenschaft.

EA: Wie sind Sie in die Edelstahlbranche gelangt?

FP: Schoeller ist ein familiär geprägtes und regional verwurzeltes Unternehmen. Auch meine berufliche Entwicklung ist davon stark geprägt. Mein Vater war Maschinenschweißer bei Schoeller. Daher bin ich mit dem „Stallgeruch Edelstahl“ sozusagen aufgewachsen. Nach meiner Ausbildung und ersten beruflichen Stationen war es diese „familiäre“ Verbindung, die mich zurück in die Heimat und zu Schoeller geführt hat, um dort Verantwortung zu übernehmen.

AM: Meine Verbindung zu Schoeller und der Branche ist sehr ähnlich: Auch mein Vater und meine beiden älteren Brüder waren bzw. sind bei Schoeller tätig. Was lag da näher, als meine Ausbildung zum Industriekaufmann bei Schoeller zu beginnen. Das liegt nun 21 Jahre zurück und ich bin seither Teil dieser großen Familie. Ein besonders emotionales Erlebnis war es für mich, als ich 2010 die Verantwortung für den Personalbereich übernahm – eine Position, die 20 Jahre zuvor mein Vater innehatte.

EA: Was macht für Sie die Faszination von Edelstahl aus?

AM: Ein Edelstahlrohr wirkt auf den ersten Blick für Fachfremde als recht einfaches Produkt, deren Komplexität und Anspruch in der Herstellung nicht ersichtlich ist. Es ist für mich die Faszination, aus einem Bandstahl ein Rohrprodukt zu erzeugen, das höchsten Qualitäts- und Toleranzanforderungen gerecht wird.

FP: Für mich ist es vor allem die Vielfalt der Anwendungen in ganz unterschiedlichen Branchen und Industriesegmenten, die Edelstahl so interessant macht. Beispielsweise im Bereich Automobil, Kälte-/ Klimatechnik, Medizintechnik, der Nahrungsmittelindustrie oder der Wasserversorgung, um nur einige zu nennen.

EA: Was ist heute Ihre Aufgabe?

FP: Ich bin CEO des Unternehmens und trage somit die Gesamtverantwortung. Unterstützt werde ich hier von meinem Kollegen Alexander Mertens als COO und einem tollen und motivierten Team. Bei meinem Einstieg bei Schoeller war ich zunächst verantwortlich für die kaufmännischen Bereiche, insbesondere Personal und Finanzen. Letzteres ist bis heute meine berufliche „Heimat und Leidenschaft“.

AM: Seit 2020 verantworte ich, damals noch als Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung, die operativen Bereiche Auftragsmanagement, Produktion und Qualitätsmanagement. Seit dem 1.07.2022 führe ich diese Bereiche nun als Geschäftsführer (COO).

EA: Wo sehen Sie die größte Herausforderung in Ihrem Bereich?

FP: Wir mussten einige Krisen bewältigen. Die Finanzkrise im Jahr 2009, dann Corona, in 2021 die Flutkatastrophe und seit 2022 hält uns die Weltpolitik in Atem. In diesem schwierigen Umfeld gilt es einerseits die marktseitigen Herausforderungen zu meistern, beispielsweise den Strukturwandel in der Automobilindustrie, andererseits die stetige Weiterentwicklung des Unternehmens voranzutreiben. Dank des von uns initiierten Zukunftskonzeptes und unserem Anspruch, stetig Qualität für höchste Anforderungen zu liefern, haben wir uns gegen den allgemeinen Trend bislang überaus positiv entwickelt.

AM: Was Strukturen und Prozesse betrifft, haben wir mit der erfolgreichen Einführung des ERP-Systems vor ein paar Jahren den Grundstein für die Neuausrichtung unserer Auftragsabwicklungsprozesse und einer durchgängigen Datentransparenz gelegt. Aktuell arbeiten wir an der prozessualen Neuausrichtung der Produktionsorganisation. In den kommenden Jahren liegt der Fokus insbesondere auf der Umsetzung der neuen Werksstruktur, um Material- und Produktionsflüsse zu optimieren, sowie darauf, die Automatisierung und Digitalisierung voranzutreiben.

EA: Wo sehen Sie die größten Veränderungen der Branche in den vergangenen Jahren und zukünftig?

AM: Neben dem Strukturwandel in der Automobilindustrie und dessen direktem Einfluss auf die Zulieferer, werden uns vor allem die weltpolitischen Entwicklungen und deren nicht absehbare Folgen fordern und zu einer hohen Unsicherheit auf den Märkten führen.

FP: Und diesen sich verändernden Rahmenbedingungen gilt es, mit Qualität und Lieferperformance zu begegnen, vor allem aber mit hoher Flexibilität. Nur so werden wir am Standort Deutschland unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern können.

Zu den Hausaufgaben unserer Branche gehören sicher auch die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit, und hier insbesondere die Entwicklung von Konzepten zur Steigerung der Energieeffizienz und das nicht erst aufgrund der aktuellen Entwicklungen.

Und natürlich ist und bleibt der Fachkräftemangel und die Gewinnung von Nachwuchskräften eine echte Herausforderung, auf die wir zum Beispiel mit guten Konzepten wie unserem Potentialentwicklungsprogramm und mit dem Ausbau der Arbeitgebermarke Schoeller reagieren.

EA: Welche Ziele wollen Sie beruflich noch erreichen?

FP: Schoeller feiert 2027 sein 200-jähriges Firmenjubiläum. Alexander Mertens und mir ist es aufgrund unserer familiären Verbundenheit zu Schoeller eine Herzensangelegenheit, das Unternehmen mit unserer Mannschaft weiterzuentwickeln und „fit zu machen“ für die Zukunft sowie die künftigen Herausforderungen. Dabei werden wir weiterhin der verlässliche Partner unserer Kunden und Lieferanten sein. Und ein auch bei künftigen Generationen bedeutender, erfolgreicher und attraktiver Arbeitgeber in unserer Region.

EA: Worauf sind Sie stolz?

FP: Darauf, ein so tolles Unternehmen in meiner Heimatregion mit einer motivierten Mannschaft führen und entwickeln zu können. Ich bin vor allem stolz auf unser starkes Team und auf den Zusammenhalt der Menschen in diesem Team. Das hat sich gerade jüngst bei der Flutkatastrophe gezeigt und bestätigt. Und natürlich machen mich auch die gemeinsam erzielten Erfolge der Vergangenheit sehr stolz, um Schoeller immer ein Stück besser zu machen… Und ich bin stolz auf die Kultur bei Schoeller. Ich denke, der Werdegang meines Kollegen ist dafür das beste Beispiel: Wo finden sie noch Unternehmen, die eine berufliche Entwicklung vom Auszubildenden zum Geschäftsführer ermöglichen. Das sind die Gründe, warum wir beide, Alexander Mertens und ich, stolz sind, ein Teil der Schoeller-Familie zu sein.

EA: Wofür „brennen“ Sie?

AM: Ich brenne für den Weg, den wir bei Schoeller bereits vor Jahren eingeschlagen haben. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass wir diesen eingeschlagenen Weg weiterhin erfolgreich gestalten. Und privat ist es meine Familie, meine Frau und meine zwei kleinen Töchter.

FP: Bei mir ist es vor allem der Wunsch, die Entwicklung und Professionalisierung des Unternehmens stets aufs Neue voranzutreiben. Und privat gilt meine Leidenschaft vor allem der Familie, aber auch der Pflege von Freundschaften und sozialen Kontakten.

EA: Wobei können Sie am besten abschalten und entspannen?

FP: Ich schalte am besten beim Sport ab, egal ob Wandern, Radfahren, Golfen, Yoga, Laufen oder Skifahren im Winter. Naja, und als Rheinländer gehört einmal im Jahr auch der Karneval dazu.

AM: Komplett abschalten kann ich am besten in der Sauna und beim Abkühlen unterm Sternenhimmel. Ansonsten ist auch bei mir Sport auf dem Rennrad, dem Mountain-Bike oder dem Spinning-Bike eine Möglichkeit, den Kopf freizubekommen.

Vorheriger ArtikelEntwicklungsprojekt M2SAF erfolgreich gestartet
Nächster ArtikelETW Energietechnik entwickelt CH4 und CO2 Komplettlösung
Catrin Senger
Catrin ist Redakteurin bei Edelstahl Aktuell. Stahl zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Berufsleben. Sie hat eine Ausbildung bei einem Großhändler für Rohr- und Rohrzubehör absolviert und in verschiedenen Funktionen bei einem Hersteller und Lieferanten von Analysegeräten für die Metallindustrie gearbeitet.