SMM Maritime Industry Report: Branche zwischen Ungewissheit und Aufbruch

Für den aktuellen Maritime Industry Report 2023 (MIR) haben die Veranstalter der SMM zum vierten Mal Stimmung und Trends in der maritimen Wirtschaft abgefragt. Besonders im Fokus stehen in der Branche demnach Investitionen in den Klimaschutz sowie der Bau von Tankern und Marineschiffen. Die Weltleitmesse SMM im September 2024 in Hamburg bietet ein Forum für Themen, Herausforderungen und Zukunftsstrategien der Branche.

Kaum eine Branche weltweit ist so im Umbruch wie die maritime Wirtschaft, schreibt der Veranstalter der SMM. Vor allem die Themen Fachkräftemangel und Dekarbonisierung stellen Schifffahrt, Werften und Zulieferer vor enorme Herausforderungen. Wie beurteilt der maritime Sektor vor diesem Hintergrund Zukunftsperspektiven und Wachstumschancen? Das sind nur zwei der Themen der großen Branchenumfrage, die die Hamburg Messe und Congress alle zwei Jahre im Vorfeld der Weltleitmesse SMM durchführt. Das Marktforschungsinstitut Mindline hat für den SMM MIR im Mai/Juni 2023 mehr als 1.000 Entscheiderinnen und Entscheider von Reedereien, Werftunternehmen und Zulieferbetrieben aus 71 Ländern befragt. Sie repräsentieren das Spektrum der ausstellenden Unternehmen und Fachbesucherinnen auf der SMM.

Maritime Wirtschaft bleibt zuversichtlich

Der Gesamtindex Maritime Industry Score bilde die Stimmung der drei Sparten Reeder, Werften und Zulieferer ab. Der Wert ergebe sich aus dem Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen. Der Score sei 2023 zwar gegenüber der Befragung 2021 um 3,7 auf 52,1 Punkte gesunken, das liege aber vor allem an dem um 15 Punkte niedrigeren Wert der Reeder. Diese hatten laut Pressemeldung 2021 von anhaltenden Rekordwerten bei Fracht- und Charterraten profitiert und entsprechend optimistisch in die Zukunft geblickt. Die 2023 gesunkenen Erwartungen der Reeder würden aber immer noch deutlich über dem Niveau der Befragungen von 2017 und 2019 liegen. „Nach zwölf Krisen- und zwei Boom-Jahren bewegen sich die Märkte in den meisten Sparten nun wieder auf einem normalen Niveau mit überwiegend auskömmlichen Raten“, so Dr. Martin Kröger, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder, diese Entwicklung.

Stabil blieb der Ausblick der Werften, die nach der pandemiebedingten Krise im Kreuzfahrtschiffbau wieder Licht am Ende des Tunnels sehen. Hoffnung macht hier etwa die Energiewende: Der Ausbau der Windenergie auf See forciert sowohl die Nachfrage nach Spezialschiffen als auch nach Konverter-Plattformen. „Das Offshore-Geschäft für die deutsche Schiffbau-Industrie wird kommen”, prognostiziert Dr. Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik (VSM). Ein gesundes Kerngeschäft sei aber für die Werften Voraussetzung, um die Offshore-Produktion erfolgreich zu entwickeln.

Als ausgesprochen gut bewerten die Zulieferer ihre Perspektiven. Der Branchen-Score stieg um 5,6 auf 64,8 Punkte und erreichte damit nahezu den bisherigen Höchstwert aus dem Jahr 2019. „Die Reeder investieren wieder deutlich mehr und damit entwickeln sich die nationalen und internationalen Märkte sehr positiv“, sagt Martin Johannsmann, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Marine Equipment and Systems im VDMA. Dass branchenübergreifend 61 Prozent der Befragten mit einem Wachstum des Welthandels rechnen und 53 Prozent der Reeder eine höhere Kapazitätsauslastung erwarten, bestätigt diese Einschätzung.

Zahlreiche Unsicherheitsfaktoren

Doch bei allem vorhandenen Optimismus: Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Maritime Industry Reports würden auch Hindernisse für eine erfolgreiche Geschäftsentwicklung sehen. Dazu zählten für insgesamt 55 Prozent die unsichere wirtschaftliche Situation, die hohen Energiekosten (42 Prozent) und die Auswirkungen der Inflation (39 Prozent). Die Folgen des Ukrainekriegs spürten unter den drei Segmenten die Schiffbauer am stärksten: Sie beklagen laut Presseinformation höhere Materialkosten (64 Prozent), höhere Energiekosten (50 Prozent) und Lieferprobleme (45 Prozent).

Verstärkte Neubauaktivitäten

Nachhaltigkeit und Digitalisierung gelten als die Treiber für Investitionen in der Branche. Besonders interessant für den Markt und damit auch für die SMM im kommenden September: Die Anschaffung neuer Schiffe stehe bei den Reedern deutlich höher im Kurs als bei den vergangenen Umfragen im Rahmen des SMM-MIR. 46 Prozent der Verantwortlichen halten es laut Pressemeldung für „wahrscheinlich“ oder „sehr wahrscheinlich“, bis Ende 2024 neue Schiffe zu ordern – sieben Punkte mehr als 2021 und sogar 18 mehr als 2019. Unter den Schiffstypen rage hier das Tankersegment mit weitem Abstand heraus. Die befragten Vertreterinnen und Vertreter der Werften rechneten überdies mit einer Auftragswelle bei Marineschiffen. Dazu komme der steigende Bedarf an Offshore-Service-Einheiten im Zusammenhang mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien.

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Catrin Senger
Catrin ist Redakteurin bei Edelstahl Aktuell. Stahl zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Berufsleben. Sie hat eine Ausbildung bei einem Großhändler für Rohr- und Rohrzubehör absolviert und in verschiedenen Funktionen bei einem Hersteller und Lieferanten von Analysegeräten für die Metallindustrie gearbeitet.