Weiter steigendes Handelsvolumen bei sinkenden Emissionen
“Unsere Komponenten und Systeme sind weltweit gefragt, denn wir betreuen unsere Produkte über den gesamten Lebenszyklus des Schiffes hinweg. Dazu ist es unerlässlich, im kontinuierlichen Kontakt mit den Betreibern und auch in direkter Verbindung mit den Systemen an Bord zu stehen. Neue Entwicklungen in der Digitalisierung und der Antriebstechnik helfen uns bei der Steuerung der hochkomplexen Anlagen, die dann das Gesamtsystem Schiff klimaschonender weltweit bewegen“, erläutert Johannsmann.
Prognosen sagen ein weltweit steigendes Handelsvolumen voraus. Da ist es wichtig, dass der Seeverkehr mit seinem Anteil von über 90 Prozent seine Vorreiterrolle auch in Bezug auf Klimaschutz und CO2-Reduktion wahrnimmt. Aber nur bei weltweit vergleichbarer Vorschriftenlage und deren konsequenter Durchsetzung ist dieses Ziel erreichbar. Die Digitalisierung und die zügige Umsetzung der Maritimen Energiewende sind in der deutschen Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie die Treiber.
Digitale Maritime Energiewende
Für die Zukunft setzen die maritimen Zulieferer eine saubere Schifffahrt, für die modernste Technologie benötigt wird. “Die ambitionierten Klimaziele fördern die Innovationsanstrengungen in der gesamten Schiffstechnik. Insbesondere bei den Antriebssystemen geht es um Verbrauchsoptimierung und um saubere Energieversorgung. „Die Auslegung des kompletten Antriebssystems vom Motor bis zum Propeller hat einen entscheidenden Anteil an dem Gesamtwirkungsgrad und damit an der Umweltfreundlichkeit des Schiffes”, sagt Dr. Lars Greitsch, Geschäftsführer der Mecklenburger Metallguss GmbH und Vorstand der VDMA Marine Equipment and Systems. Aber nur im Zusammenspiel aller Systeme an Bord lassen sich die Treibhausgasemissionen drastisch reduzieren. Elektrische Antriebssysteme, Gas- und Hybrid-Systeme mit ihren angeschlossenen Komponenten sind komplexe Anlagen und erfordern deutlich mehr Schnittstellen, Überwachungen und Automation, die ohne die Digitaltechnik nicht denkbar sind. „Hier sehen wir unsere Chancen in der deutschen Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie“, erläutert Greitsch. „Dazu ist aber eine von uns vorangetriebene Standardisierung in der maritimen digitalen Welt ein entscheidendes Element“. Ein wichtiger Schritt ist zum Beispiel die Erarbeitung des Einheitsblatts MTP (Modul-Type-Package), um die Kommunikation zwischen Systemen und Leitebene zu normieren.
Digitalisierung und deren Standardisierung sind damit Weg und Voraussetzung, um das Projekt der Maritimen Energiewende in der Praxis umzusetzen. In Verbindung mit der Power-to-X-Technologie zur Herstellung synthetischer Treibstoffe ist es damit langfristig möglich, auf fossile Kraftstoffe im weltweiten Seeverkehr ganz zu verzichten.
Wandel der Märkte am Beispiel China
„Mit unserem Vorsprung bei diesen Innovationen, die eine ganzheitliche Betrachtung voraussetzen, können wir als Branche auch international punkten und erfolgreich sein“, betont Martin Johannsmann., „Dazu benötigen wir aber freien Handel und faire Wettbewerbsbedingungen auf den internationalen Märkten.“ Gut die Hälfte des Branchen-Auftragseingangs geht auf die Bestellungen von deutschen und europäischen Kunden zurück. Die klassischen asiatischen Kunden aus China und Süd-Korea bestellen inzwischen auch wieder mehr Schiffe. Insbesondere China spielt eine wichtige Rolle, das Land ist für 20 Prozent des Auslands-Auftragseingangs verantwortlich. China strebt derzeit weiter in den Spezialschiffbau, aktuell insbesondere bei Fähren und bei Kreuzfahrtschiffen. „Mit China befinden wir uns aber in einem Systemwettbewerb zwischen offener Marktwirtschaft und einem staatskapitalistischen Modell. Wir brauchen in Deutschland und Europa deshalb vor allem Maßnahmen zur Stärkung der eigenen maritimen Wettbewerbsfähigkeit, zum Beispiel durch Förderung von Forschung, Entwicklung, Bildung und Digitalisierung“, sagt Johannsmann.
Die beiden VDMA-Vertreter sind überzeugt von dem Erfahrungsaustausch zwischen Politik und Industrie, wie er auf der 11. Nationalen Maritimen Konferenz in Friedrichshafen in diesem Jahr stattfand. „Gerade mit den Wirtschaftspolitikern aus Bund und Ländern konnten wir das Thema Freihandel im starken Maschinenbauland Baden-Württemberg ausgiebig diskutieren. Eine gute Plattform am richtigen Ort“, resümiert Johannsmann.
Kennzahlen zur Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie in Deutschland:
Beschäftigte: 63.000 Mitarbeiter
Umsatz (2018): 10,7 Milliarden Euro (2017: 10,6 Mrd. Euro)
Exportquote: 73 Prozent
Auftragseingänge gestiegen: Für 2018 im Durchschnitt ein Plus von 3,7 Prozent
Exportmärkte mit unterschiedlichen Entwicklungen: Das europäische Ausland bestätigte seine stabile Rolle als wichtigster Exportmarkt der deutschen Zulieferer (32 Prozent der Exporte). Hintergrund ist die gute Auftragslage führender europäischer Schiffbaubetriebe in ihren jeweiligen Spezialsegmenten, aber auch ein großes Liefervolumen europäischer Hersteller untereinander zur Bildung größerer Systeme für den weltweiten Schiffbau. Der langjährige Spitzenreiter Asien folgt mit gut 30 Prozent. Die wichtigsten asiatischen Länder China und Korea gewannen im vergangenen Jahr Anteile am Export deutscher Zulieferer: China mit 20 Prozent, Korea mit 8 Prozent, wohingegen das restliche Asien 2018 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 6,4 Prozent auf 2,4 Prozent verlor. Der Handel mit Nordamerika verzeichnete einen Zuwachs auf gut 14 Prozent.
Schiffsneubauaufträge auf niedrigem Niveau: Im ersten Quartal 2019 wurden weltweit 302 Seeschiffe mit 11,1 Mio. BRZ bestellt (I. Quartal 2018: 292 mit 13,7 Mio. BRZ), davon 102 in Südkorea (62), 51 in der VR China (75), 63 in Japan (70) und 31 in der EU-28 (38). Der weltweite Auftragsbestand an Schiffen liegt zum I. Quartal 2019 bei 4.706 (4.705) Einheiten.
Quelle: VDMA