Vorbild Miesmuschel: Klebstoff für Gewebe und Knochen

Hüftimplantate aus Titan verlieren früher oder später ihren Halt im Knochen, da sich dieser mit der Zeit zurückbildet. Forschende am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP haben gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB und dem Fraunhofer USA Center for Manufacturing Innovation CMI einen Gewebekleber entwickelt, mit dem sich der frühzeitige Austausch von Prothesen künftig vermeiden lässt.

Der Clou: Der Gewebekleber ahmt die haftende Eigenschaft der Miesmuscheln nach. Miesmuscheln haften fest an Außen- und Unterseiten von Schiffen, durch ein Protein, das die Aminosäure Dihydroxyphenylalanin (DOPA) enthält. Die Forscher*innen haben einen biomimetischen Kleber entwickelt, der diese Eigenschaft nachahmt. „So lassen sich etwa offene Wunden damit verschließen. Auch Titanoberflächen können durch Bekleben als knochenähnliche Substanz erkannt und die Verbindung zum Knochen herstellt werden“, so Fraunhofer CMI.

„DOPA sorgt für eine äußerst effektive Haftung. Diese Eigenschaft haben wir auf unseren Klebstoff übertragen, indem wir Polymere synthetisiert haben, die den Baustein Dopamin enthalten, ein chemisches Analogon von DOPA. Der dopaminbasierte Klebstoff lässt sich mit verschiedenen Additiven, wie Apatit-Partikeln – eine Substanz, aus der Zähne bestehen –, Proteinen und Signalmolekülen versetzen. Diese fördern das Wachstum von Knochenzellen und können als Beschichtungsmaterial etwa für Titanimplantate verwendet werden“, so Dr. Wolfdietrich Meyer, Wissenschaftler am Fraunhofer IAP. Die spezielle Beschichtung lässt das Implantat für den Körper natürlicher erscheinen und kann die Heilung und Integration des Implantats im Körper fördern. Der biobasierte, nachhaltig hergestellte Klebstoff besitzt zudem antimikrobielle Eigenschaften.

Photoreaktiver Kleber lässt sich auf unebene Flächen drucken

Die dopaminbasierten Polymere eignen sich nicht nur für Gewebeklebstoffe, sondern auch für die Entwicklung funktionalisierter Oberflächen, antibakterieller Materialien und intelligenter Beschichtungen mit speziellen Funktionen.

Durch chemische Synthese kann man die Funktionalität des Klebers erweitern. Er lässt sich so modifizieren, dass er bei UV-Licht Bestrahlung aushärtet. Photoreaktive Materialien lassen sich im 3D-Druck in Gegenwart von UV-Strahlung verarbeiten. Auf diese Weise können komplexe Strukturen für maßgeschneiderte medizinische Implantate aufgebaut werden. Künftig arbeiten die Forscherinnen und Forscher an Lösungen, Fehlerkorrektur nach auftragen des Klebers einfacher zu machen.

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Sonja Wingels
Sonja ist Redakteurin bei der Edelstahl Aktuell. Nach ihrem Studium der Psychologie an der HHU in Düsseldorf und selbstständiger Arbeit als Content Creator nutzt sie nun diese Erfahrungen, um zum Erfolg der Zeitung beizutragen und ihr Fachwissen in der Edelstahlbranche zu vertiefen.